BUND Landesverband Sachsen

Stellungnahme zum Ausgliederungsverfahren LSG „Oberlausitzer Bergland“ gemäß § 20 Abs. 4 SächsNatSchG

31. Mai 2017 | Naturschutz, Stellungnahmen

Der Ausgliederung der betreffenden Flächen aus dem LSG „Oberlausitzer Bergland“ wird nicht zugestimmt.

Ihr Schreiben vom 16.05.2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e. V. nimmt zum Verfahren wie folgt Stellung:

Der Ausgliederung der betreffenden Flächen aus dem LSG „Oberlausitzer Bergland“ wird nicht zugestimmt. Daneben wird der Entwurf des Bebauungsplans in seiner derzeitigen Fassung abgelehnt (vgl. vorergehende Stellungnahme des BUND Landesverbandes Sachsen e. V.).

Begründung:

Es wird beabsichtigt, einen Bebauungsplan „Neukircher Straße“ in der Stadt Wilthen aufzustellen. Die betreffenden Flächen sind größtenteils in dem Landschaftsschutzgebiet „Oberlausitzer Bergland“ gelegen und bedürfen daher der Ausgliederung oder der Befreiung. Ziel ist die Schaffung von Baurecht für mehrere Wohnhäuser.

Wir hatten in unserer vorergehenden Stellungnahme gerügt, dass die anerkannten Naturschutzvereinigungen nicht im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans gesondert beteiligt wurden und wir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zur Ausgliederung aus dem LSG angehört wurden. Mit dem nunmehr bei uns eingegangenen Anhörungsschreiben ist Letztgenanntes nun erfolgt und wir möchten gerne hierzu Stellung nehmen. Wir möchten uns jedoch noch den Hinweis erlauben, dass die vorhandenen Stellungnahmen des Landkreises Bautzen v. 2.4.2015/5.8.2015 sowie des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie v. 24.3.2015/3.8.2015 nicht mit übermittelt wurden und deshalb die Beteiligung unzureichend ist.

Nachfolgend wird auf die Einwendung zum bauleitplanerischen Verfahren Bezug genommen.

Bei den betreffenden Flächen handelt es sich größtenteils um Außenbereichsflächen nach § 35 BauGB, die gegenwärtig als Gartenflächen genutzt werden. Zudem ist ein Gewerbebetrieb vorhanden. Zunächst machen wir geltend, dass die Aufstellung des B-Plan-Entwurfs den raumordnerischen Festsetzungen widerspricht. Nach dem für das Gebiet geltenden Regionalplan ist das Vorhabengebiet als Vorbehaltsgebiet Landschaf und Landschaftserleben sowie als Kaltluftentstehungsgebiet ausgewiesen, so dass die beabsichtigte Versiegelung durch Bebauung diesen Festsetzungen widerspricht. Darüber hinaus sind wesentliche Ziele des Bebauungsplanentwurfs bereits durch die gegenwärtige Situation gegeben. Dies betrifft insbesondere die angestrebte Abrundung/Abgrenzung der Bebauung durch Grünflächen, die bereits in ihrem Bestand gegeben sind. 

Der Bebauungsplanentwurf und Umweltbericht leiden weiterhin an erheblichen Mängeln. Zunächst sind die Belange des Artenschutzes unzureichend ermittelt worden. Es bleibt unklar, welche Tier- und Pflanzenarten von dem Vorhaben betroffen sind, eine Kartierung wurde nicht vorgenommen. Hierbei sind jedoch die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 BNatSchG zu berücksichtigen. Um eine Vereinbarkeit des Vorhabens mit den artenschutzrechtlichen Verboten zu ermitteln, bedarf es der Kenntnis der vorkommenden Arten. Aussagen im Umweltbericht wie bspw. „Die Bebauung und die Inanspruchnahme der Fläche führen zur Verminderung von potentiellen Lebensbereichen für Flora und Fauna bzw. zum Verlust von Lebensraum.“ oder „Im B- Plangebiet und dessen Umfeld kommen Tierarten als „Kulturfolger“ vor, die ihre Lebensweise an menschliche Siedlungsstrukturen (z.B. Gebäude und Grünflächen) angepasst haben. Diese Arten sind zumeist ungefährdet.“ sind zu unbestimmt und werden nicht hinreichend begründet, um die Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Verboten zu belegen. Es bedarf somit der Ermittlung der zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorkommenden Arten, anderweitig kann ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 BNatSchG nicht ausgeschlossen werden. Zudem sind die Fortpflanzungsstätten (Höhlenbäume etc.) zu ermitteln. Die im Umweltbericht enthaltenen Passagen sind nicht aussagekräftig. Es ist fraglich, wie die Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote erfolgen soll, wenn nicht eine vorkommende Art beim Namen genannt wird und nur von „Kulturfolgern“ die Rede ist, die zumeist ungefährdet sein sollen. Hierzu sei noch angemerkt, dass das BNatSchG nicht nach Kulturfolgern und Ähnlichem unterscheidet und derartige Unterscheidungen nicht kennt. Bezugspunkt der artenschutzrechtlichen Untersuchung (bspw. für das Tötungsverbot) ist zudem ein Individuum einer Art, so dass es fehlerhaft wäre, Annahme über die Populationsdichte einer Art hier mit einzubeziehen. 

Daneben ist die Aussage im Umweltbericht zweifelhaft, dass keine gesetzlich geschützten Biotope im Vorhabensgebiet vorkommen. Die vorhandenen Obstbäume können in ihrer Gesamtheit als Streuobstwiese gewertet werden, so dass hier von einem gesetzlich geschützten Biotop im Sinne von § 30 Abs. 2 S. 2 BNatSchG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 SächsNatSchG auszugehen ist. Einer ausdrücklichen Erklärung zum gesetzlich geschützten Biotop bedarf es hierbei nicht. Die Beseitigung des gesetzlich geschützten Biotops ist gem. § 30 Abs. 2 BNatSchG verboten.

Neben den entgegenstehenden Bestimmungen des Naturschutzrechts bestehen weiterhin Bedenken bezüglich der Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Wasser. Im Vorhabensgebiet sind feuchte und vernässte Böden anzutreffen. Aufgrund des an das Vorhabensgebiet angrenzenden Hangs, ist mit einer erhöhten Menge an zufließendem Niederschlagswasser aus der Umgebung zu rechnen. Die Böden im Norden des Plangebiets weisen eine hohe Erodierbarkeit auf (Umweltbericht S. 9). Hinzu kommt eine erhöhte Versiegelung auf bisher unversiegelten Flächen, die das Problem weiter verstärken. Ausweislich des Umweltberichts handelt es sich bei den Böden um wenig wasserdurchlässige Bodenarten. Dementsprechend bestehen Bedenken dagegen, dass eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers (dessen Menge durch die Versieglung erhöht wird) möglich ist. Wie eine schadlose Versickerung des anfallenden Niederschlagswasser auf den betreffenden Flächen möglich sein soll, bliebt offen. Hinzukommt, dass der vorhandene Regenkanal bereits jetzt seine Kapazitätsgrenze erreicht hat, so dass im Umweltbericht selbst festgestellt wird, dass die Sammlung des von den Feldern ankommenden wild abfließenden Oberflächenwassers und die anschließende Ableitung im Regenkanal die Hochwassersituation in der Ortslage weiter verschärfen würde (Umweltbericht S. 7). Kontraproduktiv ist in diesem Zusammenhang die vorgesehene Beseitigung der Gehölze zu sehen. Dies betrifft insbesondere die vorhandenen Nadelbäume, die grundsätzlich durch ihre erhöhte Aufnahme von Niederschlagswasser eine wichtige Funktion in Hinsicht auf den Wasserrückhalt haben. Werden die Gehölze wie derzeit beabsichtigt beseitigt, ist mit einer Verschärfung der Hochwassersituation zu rechnen.    

Weiterhin werden die beabsichtigten Neupflanzungen für den vorgesehenen Eingriff nicht in den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans dargestellt und fehlen somit. Auch eine Regelung über den Ersatz für den Abgang von neu zu pflanzenden Gehölzen fehlt dem Bebauungsplanentwurf.

Zudem möchten wir auf eine Alternative eingehen, die grundsätzlich auch im Rahmen der Alternativenprüfung in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Geplant ist die Errichtung von mehreren Wohnhäusern sowie der Abriss und die Entsiegelung der vorhandenen gewerblichen Lagerhalle. Der BUND schlägt vor, auf den bisher versiegelten Bereichen der gewerblichen Lagerhalle eine Wohnbebauung vorzunehmen. Es handelt sich dabei bereits um versiegelte Fläche, für die erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgüter (wie oben beschrieben) nicht zu erwarten sind. Die beiden vorgesehenen Häuser im Süden des Plangebiets sind darüber hinaus nicht im Landschaftsschutzgebiet gelegen, somit wäre eine Ausgliederung oder eine Befreiung nicht notwendig. Zugleich lässt sich der naturschutzrechtliche Eingriff hierdurch erheblich minimieren. Möglich wäre bei dieser Alternative jedoch nur die Errichtung von zwei Wohnhäusern, was durchaus als Kompromiss mit den naturschutzfachlichen Vorgaben gewertet werden kann. Die vorhandenen Gartenanlagen blieben bei dieser Alternative Außenbereichsflächen nach § 35 BauGB.

Nachfolgend erfolgt eine Darstellung dieser Alternative mittels Skizze:

Quelle: www.google.de/maps

Betreffend der Ausgliederung machen wir geltend, dass das Vorhaben dem Schutzzweck des LSG widerspricht. Gem. § 3 der LSG-Verordnung v. 25.01.1999 besteht der Schutzzweck in der Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und der Gewährleistung der nachhaltigen Nutzbarkeit der Naturgüter, insbesondere sind die naturnahen und unzerschnittenen Landschaftsräume im Hinblick auf die Erhaltung des Lebensraum der hier beheimateten Tier - und Pflanzenarten vor anthropogenen Beeinträchtigung nachhaltig zu schützen; der Erhaltung der repräsentativen Landschaftsbilder Oberlausitzer Berglandes und seines angrenzenden Vorlandes mit dem charakteristischen Wechsel ineinander gehender, weitgehend unverbauter Höhenzüge, dazwischen ein eingesenkter Talwannen mit Fließgewässern, geschlossenen wie kleinflächigen Waldungen, Wiesen, Streuobstwiesen und Äckern sowie den das Landschaftsbild prägenden, historisch gewachsenen Siedlungsformen, wie Waldhufendörfern und Straßendörfern; der Erhaltung der Erholungsfunktion dieser herausragenden Landschaft, insbesondere der aufgrund des Gipfelreichtums vielfältigen und reichen Sicht Beziehung sowie des Erlebnisses unverbauter Freiräume.

Gemessen an diesem Schutzzweck kann einer Ausgliederung nicht zugestimmt werden, da sowohl das Landschaftsbild durch eine Bebauung beeinträchtigt wird und daneben auch der Schutzzweck in Form einer bestehenden Streuobstwiese (gesetzlich geschütztes Biotop) beeinträchtigt wird, da diese gerodet werden soll. Zugleich geht mit der Bebauung Lebensraum der hier beheimateten Tier-und Pflanzenarten verloren. Dies wiegt besonders schwer da die betreffenden Arten nicht einmal ermittelt wurden. Des Weiteren ist keine Kompensation für die Ausgliederung aus dem Landschaftsschutzgebiet beabsichtigt, so das durch einzelne Ausgliederungsverfahren das LSG immer weiter verkleinert wird, so das fraglich ist, ob dem Schutzzweck noch entsprochen werden kann. Dass die betreffenden Flächen trotz gegenwärtiger anthropogener Nutzung (Garten) eine Bedeutung für die Erhaltung und Wiederherstellung des Naturhaushalts sowie für das Landschaftsbild hat, ist daran zu erkennen, dass die Flächen bei Ausweisung des LSG in den Schutzgegenstand einbezogen wurden. Demnach verfängt das Argument gerade nicht, dass aufgrund der gegenwärtigen Nutzung die betreffenden Flächen eine untergeordnete Bedeutung für den Schutzzweck haben.

Wir bitten um Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Einwendungen und um weitere Beteiligung am Verfahren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer 

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