BUND Landesverband Sachsen

1 Jahr illegaler Kohleabbau in Turów - Brief an die Europäische Kommission

29. April 2021 | Braunkohle, Energiewende, Klimawandel, Kohle

Adobe Stock/ peteri

Seit einem Jahr wird der Kohleabbau im polnischen Tagebau Turów illegal betrieben - mit verheerenden Folgen für Mensch und Natur in den drei Ländern der Grenzregion - Polen, Tschechien und Deutschland, sowie globalen Klimaschäden. Im März 2020 wurde die Abbaugenehmigung bis 2026 verlängert, obwohl das Genehmigungsverfahren zentrale EU Richtlinien verletzt hat und verletzt. Heute wurde in Polen auch die beantragte Genehmigung des Tagebaubetriebs bis 2044 beschlossen. Im Februar 2021 hat Tschechien vor dem Europäischen Gerichtshof eine Staatenklage eingereicht - Deutschland hat nun fünf Wochen Zeit, dem Verfahren als Streithelfer beizutreten.

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Mit einem internationalen Brief wenden sich zahlreiche Umwelt- und Klimaschutzorganisationen erneut an die Europäische Kommission und ihre Präsidentin, Fr. Ursula von der Leyen.

Zum ganzen Brief (englisch)

Hier haben wir den Brief für Euch ins Deutsche übertragen:

Fr. Ursula von der Leyen
Präsidentin der Europäischen Kommission

Hr. Frans Timmermans
Geschäftsführender Vize-Präsident des Europäischen Green Deals
Europäische Kommission

Kopie an:

Hr. Virginijus Sinkevičius
EU Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei
Europäische Kommission

Fr. Elisa Ferreira
EU Kommissarin für Kohäsion und Reformen
Europäische Kommission

per E-Mail

Brüssel, 29 April 2021

Re: Ein Jahr illegaler Kohleabbau in Turów

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr geschäftsführender Vizepräsident,

der erste Mai 2021 markiert den ersten Jahrestag des Beginns der illegalen Vorgänge des Kohleabbaus im Tagebau Turów, gelegen in der Republik Polen an der Grenze zu Deutschland und der Tschechischen Republik.

Um die Abbaugenehmigung des Tagebaus in Turów zu verlängern, hat Polen den Landnutzungsplan im Mai 2019 novelliert, eine Umweltgenehmigung inklusive einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Erweiterung im Januar 2020 ausgestellt, und diese unmittelbar umsetzbar gemacht. Im März 2020 hat Polen die Abbaugenehmigung, die ursprünglich in den 1990er Jahre ausgestellt wurde, bis 2026 ohne grenzüberschreitende Konsultationen verlängert. Im Moment hat die Betreibergesellschaft PGE vor, den Abbau bis 2044 fortzusetzen, obwohl zwei unabhängige Studien zeigen, dass das polnische Stromnetz ab 2027 ohne Turów arbeiten kann.

In ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme, veröffentlicht am 17. Dezember 2020, als Antwort auf eine durch Tschechien eingereichte Beschwerde unter Artikel 259 TFEU, hat die Kommission anerkannt, dass Polen mindestens zwei EU-Gesetze in den folgenden Bereichen verletzt:

  • Das polnische Recht setzt den Zugang zu Rechtsvorschriften der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (2011/92/EU) nicht korrekt um.
  • Die polnischen Behörden haben die Rechtsvorschriften der Richtlinie  über die Umweltverträglichkeitsprüfung (2011/92/EU) und der Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (2003/4/EC) falsch angewendet, bezüglich der Information der Öffentlichkeit und involvierter Staatsmitglieder in grenzüberschreitenden Konsultationen, sowie den Zugang zum Recht, genauso wie das Prinzip der loyalen Zusammenarbeit  verankert im Artikel 4(3) des Abkommens der Europäischen Union (TEU).

Mehrere Versuche der tschechischen Behörden, eine Einigung mit den polnischen Gegenparts zu erreichen, schlug fehl aufgrund des Unwillens der Letzteren, eine gemeinsame Lösung zu finden. Das war die Ursache für Tschechien, am 22. Februar 2021 vor dem Europäischen Gerichtshof Klage zu erheben.

Über das letzte Jahr haben Kommunen in Tschechien und Deutschland unter den zerstörerischen Effekten des Tagesbaus Turów gelitten: Während tschechische Kommunen täglich einen Trinkwassermangel durch das  Entwässern des Tagesbaus erlitten haben, haben in Deutschland die Bürger:innen Zittaus Schäden an ihren Häusern erlebt, inklusive Rissen in den Wänden, welche der Tagebau durch eine Bodenabsenkung über die Grenze hinweg bewirkt.

Das ist, warum sowohl tschechische als auch deutsche Behörden offizielle Beschwerden bei der Europäischen Kommission eingereicht haben, sowie auch Brüche von anderen EU-Richtlinien anprangern, wie der Wasserrahmenrichtlinie und der Trinkwasserrichtlinie.

Die betroffenen Kommunen in Tschechien und Deutschland sind müde, alleingelassen zu werden in diesem Stillstand und jeden Tag für ihre Grundrechte kämpfen zu müssen, wie dem Zugang zu Wasser und auf sichere Häuser. Zur selben Zeit riskieren polnische Kohle-Kommunen, keine Unterstützung zu erhalten aus dem Just Transition Fonds wegen dem fehlenden Einsatz der polnischen Behörden, einen Kohleausstieg für die Region zu gestalten.

Seit einem Jahr wird der Tagebau Turów illegal betrieben. Bis jetzt hat es die Kommission nicht geschafft, in diesem Fall entschieden zu handeln.  Als Hüterin der Gesetze ist es die Rolle der Kommission, EU Recht umzusetzen, substanziell den New Green Deal, und Kommunen in ganz Europa vor illegalem Kohleabbau zu schützen. Aus diesen Gründen rufen wir Sie auf, die polnischen Behörden für die Verstöße in der Umsetzung der EU Richtlinien in die Verantwortung zu nehmen und der Klage Tschechiens beizutreten sowie umgehend ein Verstoßverfahren gegen Polen einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Auswahl:
EEB European Environmental Bureau
Europe Beyond Coal
Client Earth
Frank Bold Society
Greenpeace
WWF
BUND Sachsen
Fridays For Future Tschechische Republik
Parents For Future Tschechische Republik

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