BUND Landesverband Sachsen

Brief an die Europäische Kommission: Im Tagebau Turów (Polen) muss europäisches Recht eingehalten werden

10. Dezember 2020 | Braunkohle, Energiewende, Klimawandel

BUND Sachsen

Der BUND Sachsen e.V. wendet sich in Gemeinschaft zahlreicher (Umwelt-)Intiativen mit einem Brief an die Europäische Kommission. Die Europäische Kommission wird darin aufgefordert, die durch den polnischen Tagebau Turów stattfindenden Verletzungen des EU-Rechts endlich zu beenden, welche für Schäden an Klima, Umwelt und für soziale Beeinträchtigungen von Bürger*innen in  Polen, Deutschland und Tschechien verantwortlich sind.

Hier findet ihr den ganzen Brief (Englisch): https://eeb.org/library/turow-lignite-mine-in-poland-ngo-letter-to-florika-fink-hooijer/


Anbei eine Übersetzung großer Teile des Briefs

„An:
Florika Fink-Hooijer, Generaldirektion Umwelt
Virginijus Sinkevičius (Litauen), Kommissar für Umwelt und Ozeane
(Europäische Kommission)

Brüssel, 9. Dezember 2020

Die unterzeichnenden Organisationen wenden sich an die Europäische Kommission mit einer weiteren Aufforderung, EU-Recht im Kontext des Braunkohletagebaus Turów (Polen) umzusetzen.

Die Region Liberec in der Tschechischen Republik, welche am meisten von Wassermangel betroffen ist, hat vor fast einem Jahr Beschwerde eingereicht. Mitten in einer Pandemie haben Familien einen ernsten Trinkwassermangel erfahren und es wird erwartet, dass Tausende mehr diesen in den kommenden Monaten und Jahren erleiden werden. Die Situation der lokalen Bevölkerung verschlechtert sich rapide und die Einflüsse des Tagebaus Turów treten nun auch in der Region Sachsen in Deutschland zu Tage, wo Absenkungsphänomene die Stabilität von Häusern in der Zittauer Region aufs Spiel setzen.

Wir glauben, dass die Europäische Kommission sich dieser Situation sehr wohl bewusst ist, durch zahlreiche Interventionen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, Petitionen von betroffenen Bürger*innen und aufgrund von fortlaufenden Mediationsprozessen im Zusammenhang mit der Verletzung zahlreicher EU-Richtlinien. Im September hat die tschechische Regierung, vergeblich wartend auf das Einschreiten der Kommission, Beschwerde eingereicht, welche in einer Vorlage vor dem Europäischen Gerichtshof resultieren könnte.

Nach wie vor ist es Aufgabe der Kommission, EU-Recht durchzusetzen um die umweltbezogene und soziale Ungerechtigkeit, welche EU-Bürger*innen erfahren, und den zugefügten Umweltschaden seit Mai zu adressieren. Ihr (Anrede der Adressaten) Einschreiten könnte dazu führen, dass illegaler Bergbau gestoppt wird, die Schäden regeneriert werden können und es könnte ein Signal senden, dass jegliche zukünftigen Aktivitäten mit dem Recht vereinbar sein müssen – inklusive vorbeugender Maßnahmen, um weiteren Schaden zu verhindern. Solch ein Einschreiten der Kommission wird der Schlüssel sein, um die Last von den durch den Tagebau kompromittierten Kommunen zu nehmen. Die Kommission darf nicht weiter die Augen davor verschließen, dass die Erweiterung des Tagebaus bedeutet, dass zusätzliche Braunkohlverbrennung im Kraftwerk Turow stattfindet, verbunden mit Luftverschmutzung durch verlängerte Verbrennung.

Die Erweiterung des Tagebaus Turów ist nicht vereinbar mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRL), da sie eine inakzeptable Verschlechterung der Zustände der Gewässer zur Folge haben würde […].

Wir fühlen mit der polnischen lokalen Bevölkerung, welche um ihre Jobs fürchtet und der Region Zgorzelec. Die betroffenen Kommunen zeigen sich in einer Geiselhaltung von den unverantwortlichen Entscheidungen der polnischen Regierung, welche lieber tausende Jobs von illegalen Aktivitäten abhängig macht, als eine ordnungsgemäße Energiewende einzuleiten, welche EU-Fonds nutzen könnte, wie den „Just Transition Fund“. Wenn die polnische Regierung und PGE (Polska Grupa Energetyczna S.A.) kein früheres Datum (als 2044) für die Schließung des Komplexes Turów setzen, werden lokale Regierungen, Unternehmen, NGOs und Bürger*innen die Gelegenheit verlieren, wichtige finanzielle Mittel der EU für einen rechtsgemäßen Umstieg zu nutzen. Dieses Vorgehen ist nicht nur zerstörerisch für das Klima, sondern auch kurzsichtig und unverantwortlich in den selbstverschuldeten, negativen Auswirkungen für alle Bürger*innen in der Drei-Länder-Region. In allen drei Ländern, die von den Auswirkungen des Tagebaus Turów betroffen sind, Polen, Tschechien und Deutschland, leidet die lokale Bevölkerung – an Wassermangel, Wasser- und Luftverschmutzung sowie Lärmbelastung, welche ihre Gesundheit beeinflusst und an der riesigen Grube, welche die Stabilität der Häuser gefährdet.

Die kritische Situation in Turów ist Aufgabe des EU-Rechts und der Europäischen Kommission, da sie als „Hüterin der Verträge“ das klare Mandat hat, dieses durchzusetzen.
Deshalb bitten wir die Europäische Kommission, eine begründete Stellungnahme auszustellen, um die Anwendung des EU-Rechts ohne Ausnahme geltend zu machen. Das Geschehen in Turów muss eingestellt werden, bis es die EU-Richtlinien erfüllt und die Verletzungen behoben sind, da diese täglich umweltbezogenen und sozialen Schaden anrichten.
Alle Mitgliedstaaten müssen die EU-Rechtsvorschriften einhalten. Bei Turów einfach wegzusehen, würde die Rolle des Rechts untergraben und das Vertrauen der EU-Bürger*innen in die EU an sich.“

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb