BUND Landesverband Sachsen

Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. E-139 „VHW – ehemaliges Holz-veredlungswerk“ 1. Änderung

31. März 2015 | Klimawandel, Lebensräume, Stellungnahmen

Der Bebauungsplanentwurf Nr. E-139 wird in seiner gegenwärtigen Form abgelehnt.

Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. E-139 „VHW – ehemaliges Holz-veredlungswerk“ 1. Änderung
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Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e.V. und die BUND Regionalgruppe Leipzig bedanken sich für die Beteiligung im vorliegenden Verfahren und neh-men wie folgt Stellung:
Der Bebauungsplanentwurf Nr. E-139 wird in seiner gegenwärtigen Form abgelehnt.
Die Stadt Leipzig beabsichtigt, den derzeit geltenden Bebauungsplan Nr. E-139 zu ändern, um eine Ansiedlung von Gewerbe- oder Dienstleistungsbetrieben auf dem Gelände des ehemaligen Holzveredlungswerks zu ermöglichen. Ge-genstand des Beteiligungsverfahrens sollen die Änderungen gegenüber dem geltenden Bebauungsplan sein.
1.    Lebensraum gefährdeter und besonders geschützter Arten
Die noch immer brachliegende Fläche hat sich zu einem ansprechenden Le-bensraum verschiedener Tier- und Pflanzenarten entwickelt. Laut Planbegrün-dung kommen im betreffenden Gebiet u. a. die nach dem BNatSchG beson-ders geschützten Vogelarten Dorngrasmücke, Feldlerche, Neuntöter, Feldsper-ling sowie Schwarzkehlchen vor. Sie finden sich auf der Vorwarnliste der Ro-ten Liste Sachsen wieder. Das Schwarzkehlchen wird als gefährdete Art in der Roten Liste Sachsen aufgeführt.
Wir weisen zunächst einmal darauf hin, dass die vorgenommene Bestandsauf-nahme aus dem Jahr 2005 mittlerweile zehn Jahre zurückliegt. Da der gelten-de Bebauungsplan noch nicht verwirklicht wurde und die betreffenden Flächen weiterhin einer natürlichen Entwicklung unterworfen sind, erachten wir es als notwendig, eine erneute Bestandsaufnahme vorzunehmen. Die Bewertung der Eingriffsintensität ist durch die Weiterentwicklung der vorhandenen Strukturen ebenfalls erneut vorzunehmen.
Des Weiteren sind der Planbegründung nur Informationen zu vorhandenen Vogelarten zu entnehmen. Ausführungen zu betroffenen Amphibien-, Insekten- und Wirbeltierarten fehlen. In diesem Zusammenhang weisen wir daraufhin, dass im unmittelbaren Umfeld des Plangebietes geschützte Arten wie bspw. die blauflügelige Ödlandschrecke und der Brachpieper nachgewiesen wurden. Das Vorhabengebiet weist vereinzelt geeignete Strukturen für diese Tierarten auf. Auch daher ergibt sich aus unserer Sicht die Notwendigkeit, eine erneute Bestandsaufnahme durchzuführen. Durchaus ratsam ist weiterhin die Erstel-lung eines speziellen artenschutzrechtlichen Fachbeitrags für die betroffenen Arten.
2.    Fehlende relevante Planunterlagen
Der Grünordnungsplan, der im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung des geltenden Bebauungsplans erstellt wurde, ist im vorliegenden Beteiligungsver-fahren nicht zur Verfügung gestellt worden. Die zur Erarbeitung des Grünord-nungsplans vorgenommene Bestandsaufnahme, die Biotopkartierung sowie die Ausgleichs-Eingriffsbilanzierung sind ebenfalls nicht zur Verfügung gestellt worden und sind daher einer Überprüfung unsererseits nicht zugänglich. Wir rügen damit das Fehlen beizubringender und abwägungsrelevanter Unterlagen gem. § 2a BauGB.
3.    Unzureichende Kompensationsmaßnahmen
Die Bebauungsplanänderung weist eine mögliche Versiegelung von ca. 19,6 ha aus. Der Versiegelungsgrad der Planänderung beträgt etwa 66 %. Das ent-spricht gegenüber dem rechtskräftigen Bebauungsplan einer Zunahme um ca. 8 % bzw. 1,5 ha höhere Versiegelung (Bebauungsplanbegründung S. 25). Da sich der Versiegelungsgrad erhöht und mit einem größeren Flächenverlust zu rechnen ist, fordern wir die Überarbeitung des Grünordnungsplan sowie der im Jahre 2005 vorgenommenen Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung.
Des Weiteren halten wir die vorgesehenen Maßnahmen zum Ausgleich der nachteiligen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere und Pflanzen für unzu-reichend. Geplant sind lediglich der Erhalt und die Entwicklung kleinteiliger be-reits vorhandener Gehölzbestände (Punkt 7.2.1.3 der Bebauungsplanbegrün-dung). Lediglich am Rande des Planungsgebietes werden Einzelbaumpflan-zungen vorgesehen, die den vorhandenen Lebensraum in keiner Weise kom-pensieren können. Eine Kompensation der höheren Versiegelung und des flä-chenhaften Verlust des Lebensraums ist durch die Bebauungsplanänderung nicht vorgesehen und somit unzureichend.
Daneben ist auch die Prognose der Entwicklung des Bestandes bei Durchfüh-rung fehlerhaft. Es wird angenommen, dass sich Brachflächen als Ersatzle-bensraum nordöstlich und südöstlich des Planungsgebietes befinden. Dies ist nur noch bedingt zutreffend, da auch angrenzenden Gebiete einer Planung unterworfen sind, die einen Verlust an Brachflächen zur Folge haben. Zu nen-nen ist hier die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 35.2 – „Neues Messege-lände“, der einen weiteren großflächigen Verlust von Brachflächen vorsieht. Die im vorliegenden Verfahren angenommenen Ausweichhabitate sind somit nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Erforderlich ist es, Ausweichhabitate für die beeinträchtigten Tiere neu zu schaffen. Dabei sollte auch auf besondere Anforderungen der beeinträchtigten Tiere an ihre Lebensräume geachtet wer-den. So bevorzugt bspw. die Feldlerche offene, gehölzarme Fluren mit niedri-ger Vegetation und findet mit der vorhandenen Brachfläche einen entspre-chenden geeigneten Lebensraum vor.
Da die durch den Bebauungsplanentwurf vorgesehenen Maßnahmen und Festsetzungen den verursachten Eingriff in Natur und Landschaft nicht kom-pensieren können, halten wir die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände aus § 44 Abs. 1 Nr. Nr. 2 u. 3 BNatSchG für erfüllt. Der Änderung des Bebau-ungsplans stehen damit die artenschutzrechtlichen Verbote entgegen.    
4.    Unzureichend festgesetzte Ausgleichsmaßnahmen
Die durch die Planung beabsichtigten Kompensationsmaßnahmen sind im Be-bauungsplan als Flächen zur Durchführung von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festzusetzen. Sie können somit dem Eingriff zugeordnet werden, was bei der beabsichtigten Festsetzung als Grünflächen nicht der Fall ist. Weiterhin merken wir an, dass auch die beabsichtigten grünordnerischen Maßnahmen unzureichend festge-setzt sind. So wird beabsichtigt, die Gehölzgruppen entlang der im südlichen Planungsgebiet gelegenen Bahngleise zu einem Grünzug zu verbinden. Eine entsprechende Festsetzung findet sich im Bebauungsplanentwurf nicht wieder.
5.    Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Belange des Umweltschut-zes fehlerhaft ermittelt wurden und eine nachfolgende Abwägung somit eben-falls fehlerhaft ist. Daneben stehen der Aufstellung des Bebauungsplans zwin-gende Planungsleitsätze in Form der artenschutzrechtlichen Verbote aus  § 44 BNatSchG entgegen. Wir fordern daher, den Entwurf der Bebauungsplanände-rung zu überarbeiten und in seiner gegenwärtigen Form abzulehnen.

Mit freundlichen Grüßen


Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer

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