BUND Landesverband Sachsen

Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren zum Vorhaben „Erweiterung des Tagebaufeldes Schleben/Crellenhain“

07. Juni 2017 | Energiewende, Kohle, Lebensräume, Stellungnahmen

Der BUND Landesverband Sachsen e. V. bedankt sich für die Beteiligung zum o. g. Verfahren und nimmt hierzu wie folgt Stellung: Das Vorhaben wird aufgrund der erheblichen Auswirkungen auf die verschiedenen Schutzgüter abgelehnt.

Ihr Schreiben vom 07.04.2017

Ihr Zeichen: 12-4717.3-02/9 (6091)

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e. V. bedankt sich für die Beteiligung zum o. g. Verfahren und nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Das Vorhaben wird aufgrund der erheblichen Auswirkungen auf die verschiedenen Schutzgüter abgelehnt.

  1. Kurzerläuterung des Vorhabens und Bedarfsplanung

Der Vorhabenträger, die Kemmlitzer Kaolinwerke, beabsichtigt die Erweiterung des Tagebaufeldes Schleben/Crellenhain um die Abbaufelder Schleben 3, Westfeld und Erweiterung Ostfeld. Ziel ist die zukünftige Erweiterung des Tagebaufeldes um eine Fläche von ca. 69 ha zusätzlich zu dem bereits bestehenden Abbaufeld. Die Betriebszeit des Tagebaus und der Gewinnung von Kaolin soll sich mit der Erweiterung von derzeit 3,5 auf 30,3 Jahre verlängern. Der Vorhabenträger macht geltend, dass ein Bedarf an diesem Rohstoff besteht und vor allem ins Ausland geliefert werden soll. Dabei bleibt zunächst unberücksichtigt, dass es sich nicht um das einzige sächsische Förderunternehmen des Rohstoffes Kaolin handelt und somit der Bedarf am Rohstoff Kaolin durch andere bereits genehmigte Kaolin-Tagebauen befriedigt werden kann. Eine Bedarfsanalyse auch unter Berücksichtigung anderweitiger sächsischer Kaolintagebauen fehlt den Genehmigungsunterlagen.

  1. Entgegenstehende Regionalplanung

Das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des geltenden Regionalplans Westsachsen 2008 als auch dem Entwurf des Regionalplans Westsachsen 2017. Zunächst widerspricht das Vorhaben den Zielen des geltenden Regionalplans 2008 in Form der Ziele 7.2 sowie 7.3.

Ziel 7.2.: „Einer Überlastung einzelner Teilräume infolge der Konzentration von Abbauvorhaben mineralischer Rohstoffe ist entgegenzuwirken. Der Erweiterung bestehender Abbaugebiete selber nachgewiesenem umwelt- und naturschonenden Abbau der Vorzug vor dem Aufschluss neuer Lagerstätten gegeben werden.“

Ziel 7.3.: „Die Rohstoffgewinnung soll so erfolgen, dass

·         Eingriffe Naturlandschaft so gering wie möglich gehalten werden, (…)

·         In der Regel ein Abstand von 300 m zu Siedlungen vom Abbau freigehalten wird (…)“

Die genannten Ziele sind auch in dem Entwurf des Regionalplans 2017 gleichlautend enthalten. Es ist festzustellen, dass der hier betreffende Teilraum bereits erheblich durch einzelne aufgeschlossene Abbaufelder vorbelastet ist. Eine Konzentration von Abbauvorhaben mineralischer Rohstoffe in Form von Kaolin ist somit gegeben. Der Vorhabenträger macht zwar geltend, dass hier der Neuaufschluss einer neuen Lagerstätte verhindert werden kann, allerdings ist festzustellen, dass die Abbaufelder „Westfeld“ sowie „Schleben 3“ unzweifelhaft einen Neuaufschluss darstellen. Dementsprechend wird dem Ziel 7.2. nicht entsprochen, da hier einer Konzentration von Abbauvorhaben gerade nicht entgegengewirkt wird. Zugleich wird der Erweiterungen bestehender Abbaugebiete gerade nicht der Vorrang vor dem Aufschluss neuer Lagerstätten gegeben. Daneben wird durch die hier beantragten Abbaufelder zugleich der Regelabstand von 300 m zu Siedlungen nicht eingehalten, somit steht auch Ziel 7.3. im Widerspruch zu der vorgelegten Planung. Der vorgeschlagene Kompromiss des Vorhabenträgers, einen Abstand von 100 m von der Wohnbebauung zur Abbaukante zu gewährleisten, ist somit nicht als Kompromiss zu werten, sondern als erhebliche Unterschreitung des vom Regionalplan geforderten Regelabstandes. Die Abweichung vom Regelabstand ist auch nicht geringfügig, da der Regelabstand um mehr als 200 m unterschritten wird. Dementsprechend sind die Abbaufelder erheblich in ihrer flächenhaften Ausdehnung zu verringern. Dass hierdurch (Verringerung der Abbaufläche) der wirtschaftliche Ertrag des Unternehmens geschmälert wird, muss dabei unberücksichtigt bleiben und darf keine Erwägungen für eine unzumutbare Beeinträchtigung der umliegenden Anwohner sein.

Der Vorhabenträger macht darüber hinaus geltend, dass das Vorhaben auch den Zielen des Entwurfs des Regionalplans Westsachsen 2017 entspricht. Dem ist teilweise zu widersprechen. Gem. der Karte 14 des Entwurfs, ist die Döllnitz sowie der Kreuzgrund als regionaler Schwerpunkt zur Fließgewässerentgradigung (regionaler Schwerpunkt zur Verbesserung der Gewässerökologie) ausgewiesen. In erster Linie wird das die Offenlegung des verrohrten Bereichs des Gatschflusses sowie die Entgradigung der Döllnitz betreffen. Dementsprechend steht das Vorhaben den Zielen der Regionalplanung in Form der Fließgewässerrenaturierung entgegen, da die Vorhabenplanung weiterhin von der Verrohrung des Gatschflusses ausgeht. Weiterhin ist gem. Karte 15 des Entwurfs des Regionalplans Westsachsen 2017 in den beabsichtigten Abbaufeldern einen regional bedeutsames Kaltluftentstehungsgebiet sowie eine regional bedeutsame Frischluftabflussbahn ausgewiesen. Durch die Beräumung und Abtrag der Bodenschichten gehen diese Funktionen vollständig verloren. Die Kaltluftentstehung kommt in den Abbaufeldern zum Erliegen. Gleichzeitig werden die Kaltluftvolumenströmungen reduziert und durch die Neugestaltung im Rahmen der Kultivierung wird die Kaltluftabflussbahn erheblich geändert. Auch wenn der Gutachter des Vorhabenträgers von einer geringfügigen Änderung ausgeht, ist doch festzustellen, dass das regionalplanerisch gesicherte Kaltluftentstehungsgebiet sowie die Abflussbahn beeinträchtigt werden und somit die regionalplanerische Ausweisung dem Vorhaben entgegensteht.

  1. Beeinträchtigung des Schutzguts Flora und Fauna und biologische Vielfalt

Bei den geplanten Abbaufeldern handelt es sich größtenteils um intensiv genutzten Acker. Entgegen der Annahme des Vorhabenträgers, handelt es sich dabei jedoch nicht um Gebiete die keinen Lebensraum darstellen, sondern eher um Flächen, die nicht optimale Lebensräume darstellen, jedoch eine außerordentliche Bedeutung für die Verbindung zu höherwertigen Lebensräumen haben. Zudem ist die Besonderheit des Gebietes, das inmitten der geplanten Abbaufelder das Naturschutzgebiet „Kreuzgrund“ sowie das FFH-Gebiet „Döllnitz und Mutzschener Wasser“ gelegen sind. Zunächst ist zu befürchten, dass durch die geplanten Abbaufelder eine Isolation des Naturschutzgebietes hervorgerufen wird. Wichtige Wegeverbindungen in Form von Baumreihen und Streuobstwiesen gehen verloren. Diese Baumreihen haben eine erhebliche Bedeutung als Flugleitbahn für die geschützten Fledermausarten. Durch die Beseitigung der Flugleitbahnen liegt eine erhebliche Störung i. S. d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG vor. Diese Flugleitbahnen können auch nicht durch die beabsichtigte neue Anpflanzung zeitgleich und funktionsgleich ausgeglichen werden, da Zweifel daran bestehen, dass diese Flugleitbahn auch durch die Arten angenommen werden. Des Weiteren handelt es sich bei den einzelnen Obstbäumen sowie wegbegleitenden Bäumen um ein gesetzlich geschütztes Biotop gem. § 30 BNatSchG, was klar gegen die geplante Rodung spricht. Zudem weisen die einzelnen Gehölze Höhlen auf. Die Nutzung dieser Höhlen durch Fledermäuse oder Vogelarten kann nach den Planunterlagen nicht ausgeschlossen werden, der Vorhabenträger sah sich aber auch nicht veranlasst, die Nutzung weiter zu untersuchen. Somit ist festzustellen, dass auch die Beseitigung der höhenreichen Gehölze gegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verstößt.

Eine Besiedlung der vorhandenen zur Beseitigung vorgesehenen Gehölze (insbesondere der Obstbäume) durch die Käferart Eremit wurde ebenfalls nicht untersucht und kann nicht ausgeschlossen werden. Bei dieser europarechtlich geschützten Art (prioritäre Art) handelt es sich um eine stark gefährdete Käferart die in Baumbeständen (auch Alleen) mit Mulm vorkommt. Bei dem Vorhabengebiet handelt es sich um einen Verbreitungsschwerpunkt des Eremiten in Sachsen. Jeder einzelne besiedelte Baum ist als Teilpopulationen dieser Art zu betrachten, so dass bei einer Rodung von einer Verschlechterung des Erhaltungszustands dieser Art auszugehen ist. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zu Rodung vorgesehenen Gehölze durch diese Art besiedelt werden, ist von einem Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbote nach §§ 44 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG auszugehen. Vgl. zu dem Lebensraum sowie Gefährdung des Eremiten (http://www.artensteckbrief.de/?ID_Art=459&BL=20012).

Auch in Bezug auf weitere Arten ist mit dem Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 BNatSchG zu rechnen. Der Erweiterungsbereich „Schleben 3“ weist Brutstandorte der europarechtlich geschützten Vogelarten Grünfink, Goldammer, Haussperling und Heckenbraunelle auf. Diese Arten, die an die Kulturlandschaft gebunden sind, weisen aktuell in Sachsen einen Bestandsrückgang auf. Durch die vorgesehene Vermeidungsmaßnahme der Beseitigung der Brutstätten im Winter kann lediglich dem Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Tötungsverbot) vorgebeugt werden. Der Tatbestand der Beseitigung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten gem. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG wird jedoch hierdurch weiterhin erfüllt und ist dementsprechend verletzt. Gleiches gilt auch für den im Westfeld vorkommenden Neuntöter. Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind ganzjährig geschützt, wenn eine Vogelart sich jedes Jahr die gleiche Fortpflanzungsstätte aufsucht. Eine Prüfung, ob die genannten Vogelarten eine Brutplatztreue aufweisen, erfolgte in den Planunterlagen nicht.

Auch in Bezug auf Amphibien und Reptilien wird durch die vorgelegte Planung gegen artenschutzrechtliche Verbote verstoßen, da bei der Beräumung des Oberbodens eine Tötung sowie die Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der europarechtlich geschützten Arten Wechselkröte und Zauneidechse nicht ausgeschlossen werden kann. Auch bei Durchführung der vom Vorhabenträger vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen (Vergrämung und Absammeln) kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Individuen unentdeckt bleiben und durch die Maßnahmen während der Aufschlussphase zu Tode kommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei Wechselkröte und Zauneidechse um prioritäre Arten gem. Anhang IV der FFH Richtlinie handelt. Daneben ist zu berücksichtigen, dass beide Arten sich während der Winterruhe im Boden vergraben, sich somit nicht absammeln lassen. Da die Aufschlussphase gerade in der Winterzeit vorgesehen ist, ist hier von einer Tötung von Individuen der beiden genannten Arten auszugehen, deren Vorkommen durch den Vorhabenträger nachgewiesen wurde. Insbesondere ist noch anmerken, dass die Wechselkröte auch auf Felder bzw. Ackerflächen vorkommen kann, somit den angrenzenden Ackerflächen eine Funktion als Lebensraum (wenn auch suboptimal) zukommt.

Durch das beantragte Vorhaben sind darüber hinaus erhebliche Beeinträchtigungen auf das Naturschutzgebiet sowie das FFH-Gebiet durch die Veränderung des Wasserhaushaltes zu befürchten (dazu näher unter Punkt 4), die eine Veränderung der Lebensraumbedingungen hervorrufen und somit den Schutzzweck der Schutzgebiete infrage stellen. Zudem wird die Kohärenz des FFH Gebietes durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt. Zunächst ist von einer Isolation des Teilgebietes „Kreuzgrund“ auszugehen, da beiderseitig Abbaufelder geplant sind, so dass der biologische Verbund erheblich beeinträchtigt wird. Dazu kommt, dass die südliche Anbindung des FFH Gebiets an den Teilbereich der Döllnitz durch die Verrohrung des Gatschflusses bereits erheblich eingeschränkt ist und somit die einzige denkbare Verbindung für Wanderbewegungen von Tierarten aus oder in den Kreuzgrund über den nördlichen Bereich möglich ist. Der ökologische Verbund und die Kohärenz des FFH-Gebietes ist somit nicht mehr ausreichend gegeben. Hinzu kommt, dass der Bereich des Gatschflusses durch die Bagger und Abraumdumper sowie LKW’s bei der Abschlussphase des Festfeldes gekreuzt wird. Zudem ist der Einbau des Abraum des Westfeldes im Ostfeld geplant, so das hier mit einem erheblichen Aufkommen von LKW-Verkehr gerechnet werden muss, die die Kohärenz des Gebietes erheblich beeinträchtigt (Verstoß gegen § 33 Abs. 1 BNatSchG). Zudem wird dadurch ein signifikantes Tötungsrisiko für Amphibien geschaffen, da diese sich den Absatzbecken ansiedeln sollen (oder angesiedelt haben) und Wanderbewegungen in Richtung Döllnitz oder Gatschfluss (unverrohrter Bereich) zu erwarten sind. Dementsprechend gehen wir hier vom Verstoß gegen das Tötungsverbot gem. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG aus, da das Überfahren von einzelnen Individuen durch die erhöhte Frequentierung durch Baufahrzeuge nicht ausgeschlossen werden kann.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die Querung des Gatschflusses durch die LKW’s sowie sonstigen Baufahrzeuge der regionalplanerisch vorgesehenen Fließgewässersanierung entgegensteht.

Betreffend des geplanten Ausgleichs ist festzustellen, dass dieser nicht ausreichend ist. Durch die geplante Erweiterung geht eine Fläche verloren, die im Rahmen der Rekultivierung des planfestgestellten Tagebaus als Erstaufforstungsfläche vorgesehen war (5030 m²). Aufgrund dieses Wegfalls der ursprünglichen Kompensationsmaßnahme ist davon auszugehen, dass der planfestgestellte Eingriff nicht ausgeglichen wird bzw. ist. Zudem können die für die Erweiterung geplanten Ausgleichsmaßnahmen den Eingriff nicht funktionsgleich kompensieren. So ist die Anlage einer Streuobstwiese sowie neuer Straßen- oder Wegebegleitender Gehölze vorgesehen. Dabei wird verkannt, dass eine Streuobstwiese einer langen Entwicklungszeit sowie intensiven Pflege bedarf, um die naturschutzfachliche Hochwertigkeit zu erfüllen. Zudem beschreibt der Vorhabenträger selber die als Ausgleich für den planfestgestellten Tagebau angelegte Streuobstwiese angesichts ihres noch jungen Entwicklungsstadiums, als nicht von hoher naturschutzfachlicher Bedeutung. Die Obstbäume entlang der Wege dienen derzeit als Flugleitbahn und weisen darüber hinaus Höhlen auf (Funktion als Flugleitbahn und Brutstätte, Lebensraum vermutlich für Eremit), weisen dementsprechend Funktionen und Eigenschaften auf, die nicht funktional durch die Anlage kleiner Jungbäume ausgeglichen werden können. Zudem ist fraglich, ob die Ausgleichsmaßnahmen wirklich dauerhaft Bestand haben, da sie wie im vorliegenden Fall, bei jeder geplanten Erweiterung wieder beseitigt werden.

Daneben wird darauf hingewiesen, dass die vorgesehene Erstaufforstung sich vielmehr entlang des Glatschflusses in Richtung Wermsdorfer Forst erstrecken sollte, da hiermit eine Anbindung des Kreuzgrundes an den Wermsdorfer Forst und somit ein wirksamer (und nicht durch Ackerflächen unterbrochener) ökologischer Biotopverbund erzielt werden könnte.

  1. Beeinträchtigung des Wasserhaushalts

Der Vorhabenträger hat unter anderem eine WRRL-Verträglichkeitsprüfung erarbeiten lassen. Diese Verträglichkeitsprüfung ist bereits deswegen unzureichend, weil dabei unberücksichtigt bleibt, dass nach der Wasserrahmenrichtlinie gem. Art. 4 Abs. 1 lit. c WRRL auch die wasserabhängigen Schutzgebiete/Landökosysteme bei der Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen sind. Durch die geplanten Abbaufelder links- und rechtsseitig des Gatschflusses wird dessen Einzugsbereich erheblich verkleinert (Verlust durch Schleben 3 um ca. 5,75 ha, durch Westfeld ca. 25,64 ha, Erweiterung Ostfeld ca. 3,07 ha). Diese Verkleinerung des Einzugsgebietes kann auch nicht dadurch ausgeglichen werden, dass dem Gatschfluss das Sümpfungswasser des Tagebaus wieder zugeführt wird, da die Einleitungen im Bereich des verrohrten Gatschflusses vorgesehen ist, so das eine Reduzierung der abfließenden Wassermengen gerade im dem Bereich der Lebensräume im Kreuzgrund zu erwarten ist. Des Weiteren ist zu befürchten, dass durch die beiderseitige Schaffung von Tagebaufeldern die Restbestände des Auwaldes im Kreuzgrund sukzessiv trockenfallen und somit die geschützten Lebensraumtypen verloren gehen.

Was die Prüfung des Verschlechterungsverbots gem. der Wasserrahmenrichtlinie betrifft, so ist festzustellen, dass es für die Prüfung des Verschlechterungsverbotes für den Gatschfluss an einer Bewertung der ökologischen Qualitätskomponenten fehlt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass dieser Zufluss der Döllnitz nicht als eigener Oberflächenwasserkörper ausgewiesen wurde. Gem. Art. 1 WRRL ist jedoch jedes Binnenoberflächengewässer geschützt, so dass das Verschlechterungsverbot auch für Gewässer gilt, die nicht von den Mitgliedstaaten als eigenständiger Oberflächenwasserkörper ausgewiesen wurden. Für den Gatschfluss ist hier einer Verschlechterung anzunehmen, da überhaupt fraglich ist, ob der Fluss nach der Verwirklichung der Tagebaufelder noch ausreichend Wasser führt, um eine Funktionen für die ökologischen Qualitätskomponenten zu übernehmen. Es ist insbesondere mit einer Infiltration des Oberflächenwassers in das Grundwasser zu rechnen, welches dann wiederrum in die Tagebaufelder fließen wird. Weiterhin steht das Verbesserungsgebot dem Vorhaben entgegen, da der verrohrte Bereich offengelegt werden muss, um die ökologische Durchgängigkeit zu gewährleisten. Die nach der Regionalplanung vorgesehene Fließgewässersanierung wäre erheblich erschwert, wenn der Bereich des Gatschflusses vor der Einmündung in die Döllnitz weiterhin für den Abtransport des Abraums und des Rohstoffes sowie für die Baumaschinenzufahrt genutzt werden soll und somit verrohrt bleiben müsste.

In Bezug auf die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Umweltzielen der WRRL (Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot) im Hinblick auf die Döllnitz ist festzustellen, dass diese sowohl einen schlechten chemischen als auch schlechten ökologischen Zustand aufweist. Durch die beabsichtigte Beräumung der Oberbodendeckschichten ist insbesondere mit der Mobilisation von Sulfat-Rückständen (aus der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung) zu rechnen, die dann in einer erhöhten Konzentration in die Döllnitz eingeleitet werden, so dass die erhöhte Einleitung von Sulfat zu einer Beeinträchtigung sowohl des chemischen als auch des ökologischen Zustands führt, so dass nach der Rechtsprechung des EuGH jede weitere Verschlechterung eine Verschlechterung des Zustands bewirkt. In Bezug auf den ökologischen Zustand der Döllnitz ist die Qualitätskomponente „benthische wirbellose Fauna“ bereits als schlecht eingestuft und wird sich durch die geplante Einleitung weiter verschlechtern. Angemerkt werden soll, dass die geplante Rekultivierung und Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Nutzflächen an der jetzigen Situation der Einträge von Sulfat nichts verändern wird. Vielmehr wäre der ökologische Landbau auf den (rekultivierten) landwirtschaftlichen Flächen von Nöten, um den Eintrag von Sulfat wirksam zu begrenzen.

Weiterhin ist fraglich, wie die geplanten Restseen geflutet werden sollen. Es bleibt offen, ob die Restseen durch Niederschlagswasser gefüllt werden sollen oder, was wahrscheinlicher ist, mit einer Ableitung von Wasser des Gatschflusses befüllt werden sollen. In diesem Fall bestehen erhebliche Zweifel daran, dass eine Mindestwassermenge des Gatschflusses garantiert werden kann und es nicht zu einer Verschlechterung des ökologischen Zustands des Gatschflusses oder des wasserabhängigen Landökosystems kommt.

  1. Beeinträchtigung Schutzgut Mensch

Wie bereits erwähnt, werden die Abstände der Tagebaugrenzen zur nächsten Wohnbebauung in Hinsicht auf den Regelabstand von 300 m (Regionalplanung) deutlich unterschritten. Dies ist umso schwerwiegender, da die Immissionsprognose des Vorhabenträgers für Lärm von Grenzwertüberschreitungen bei der Regelfallprüfung ausgeht. Dem Schallschutzgutachten ist zu entnehmen, dass die Immissionsrichtwerte für die Immissionsorte bei der Erweiterung des Ostfeldes sowie des Abbaufeldes Schleben 3 überschritten werden. Nur unter Zuhilfenahme der Sonderregelung der TA Lärm für seltene Ereignisse kann eine Einhaltung der Grenzwerte herbeigerechnet werden. Trotz dieser Überschreitung im Rahmen der Regelfallprüfung ist es von dem Vorhabenträger nicht vorgesehen, Lärmminderungsmaßnahmen (bspw. durch Anlage eines Walls) durchzuführen. Es soll dazu erwähnt werden, dass Lärmminderungsmaßnahmen durch den im Umweltrecht geltenden Vorsorgegrundsatz nicht erst bei Überschreitung der Grenzwerte notwendig sind.  

Wir bitten um Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Einwendungen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer

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