BUND Landesverband Sachsen

Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren (ROV) nach § 15 SächsLPIG zum bergbaulichen Vorhaben „Tontagebau Brandis Nordfeld“

11. Februar 2015 | BUND, Nachhaltigkeit, Naturschutz

Das Vorhaben „Tontagebau Brandis Nordfeld“ widerspricht den wesentlichen Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und ist deshalb abzulehnen.

Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren (ROV) nach § 15 SächsLPIG zum bergbaulichen Vorhaben „Tontagebau Brandis Nordfeld“
Az: L34-2431.23/7/41

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im vorliegenden Raumordnungsverfahren durch Gewährung der Möglichkeit zur Stellungnahme zum Vorhaben „Tontagebau Brandis Nordfeld“.

Wir geben hierzu folgende Stellungnahme ab:

Das Vorhaben „Tontagebau Brandis Nordfeld“ widerspricht den wesentlichen Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und ist deshalb abzulehnen.

Das Vorhaben widerspricht den nachfolgend genannten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes (§ 2 ROG):
-    Nachhaltigkeit, ausgewogene Entwicklung von Siedlungs- und Freiraum-strukturen, die Sicherung und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, das Bestreben für ausgeglichene wirtschaftliche, soziale, ökologische und kul-turelle Verhältnisse;
-    die Sicherung der Freiräume, funktionsfähiger Böden, des Wasserhaus-halts, der Tier- und Pflanzenwelt und des Klimas;
-    dem Abbau von Umweltbelastungen;
-    der dauerhafte Schutz und die Entwicklung von Natur und Landschaft (einschließlich Gewässer, Wald, Boden, Biotopverbund usw.);
-    die Sicherung geeigneter Gebiete für Erholung in Natur und Landschaft.
Das Vorhaben steht weiterhin den nachfolgend genannten Zielen (Z) und Grundsätzen (G) des Regionalplans Westsachsen (2008) entgegen:


Schutz der Landschaft
Z 4.1.1
„Freiraumbeanspruchende oder -beeinträchtigende Nutzungen und Vorhaben sollen auf das unabdingbar notwendige Maß beschränkt und schutzwürdige Landschaftsteile erhalten werden. Einer weiteren Reduzierung bzw. Zergliederung wertvoller Ökosysteme ist entgegenzuwirken.“
G 4.1.2
„Strukturarme Ackerfluren sollen, sofern sie nicht als Offenland eine besondere Bedeutung für den Naturhaushalt oder den Artenschutz haben, durch ein Netz von Gehölzstrukturen gegliedert werden, so dass bestehende Gehölze und Waldbiotope miteinander verknüpft und durch weitere Biotoptypen wirksam ergänzt werden.“
G 4.1.6
„Landschaftsräume mit hoher und sehr hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit sollen in ihrer Typik und ihrem Landschaftscharakter erhalten werden. Neue Nutzungen und Vorhaben dürfen den Landschaftscharakter nicht erheblich beeinträchtigen oder grundlegend verändern.“
Z 4.1.7
 „Landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen sollen in ihrer charakteristischen Ausprägung erhalten werden.“
G 4.1.8
Die großflächig unzerschnittenen störungsarmen Räume sollen als regional bedeutsame Ruhegebiete erhalten werden.
Z 4.1.9
„Die landschaftliche Erlebniswirksamkeit siedlungsnaher Freiräume ist zu erhöhen. Dazu soll die Einbindung von Siedlungen in die um gebende Landschaft durch die extensive und nachhaltige Pflege ortsnaher Streuobstwiesen, durch den Neuaufbau naturraum- und siedlungstypischer Ortsrandstrukturen und die Erhöhung des Waldanteils in Siedlungsnähe verbessert werden.“

Durch das Vorhaben kommt es zu einem massiven Eingriff in Natur und Landschaft. Das Landschaftsbild ist massiv durch den geplanten Tagebau beeinträchtigt bzw. wird dauerhaft zerstört und verändert. Mit einer Wiederherstellung des Landschaftsbildes kann erst 2099 (10 Jahre nach Beendigung der Gewinnung) gerechnet werden. Das vorliegend beeinträchtigte Landschaftsbild besteht aus einer Hanglage, die im besonders flachen Umland von Leipzig eine Seltenheit aufweist. Wir gehen davon aus, dass der Eingriff in das Landschaftsbild nicht angemessen kompensiert werden kann. Auch für die örtliche Bevölkerung ergeben sich Beschränkungen der Erlebbarkeit der Landschaftsstrukturen, da einerseits Sichtbarkeitsbeschränkungen durch den geplanten Aufschub von Schutzwällen geschaffen werden und andererseits die Begehung des Waldwegs in den angrenzenden Wald für die Anwohner unmöglich gemacht wird. Es handelt sich hier um einen siedlungsnahen Freiraum, dessen landschaftliche Erlebniswirksamkeit zu erhöhen ist. Einher mit dem geplanten Tagebau wird auch die Zerschneidung eines wertvollen Ökosystems gehen. Das Vorhabengebiet befindet sich in einem unzerschnittenen, störungsarmen Raum, der als solches zu erhalten ist. Im geplanten Vorhabengebiet ist eine Vielzahl verschiedener Biotoptypen anzutreffen, die durch ihren Abwechslungsreichtum und Verzahnung einen Lebensraum verschiedenster Tier- und Pflanzenarten darstellen. Der geplante Tagebau zerschneidet diese bisher gut mit einander vernetzten Biotope und trägt daher zu einer Minderung der ökologischen Wertigkeit bei.
Arten- und Biotopschutz, ökologisches Verbundsystem
Z 4.2.1
„Nutzungsformen und -intensitäten in Vorranggebieten Natur und Landschaft sollen dahingehend ausgerichtet sein, dass sie eine Reaktivierung der Landschaftspotenziale ermöglichen, einer naturnahen Entwicklung von Flora und Fauna dienen und Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden.“
Z 4.2.4
„Wald in Vorranggebieten Natur und Landschaft soll unter besonderer Beachtung von Naturschutzbelangen standortgerecht und naturnah bewirtschaftet werden.“
Z 4.2.7
„Naturnahe Bereiche fließender und stehender Gewässer sind in ihrem ökologischen Wert zu erhalten und in einer naturnahen Entwicklung zu fördern.“
Z 4.2.9
 „Eine Beeinträchtigung von natürlichen Zug- und Wanderwegen sowie Rastplätzen wandernder Tierarten ist zu vermeiden.“

An das geplante Vorhaben grenzt direkt an ein Vorranggebiet des Naturschutzes und der Landschaft. Das Vorranggebiet Naturschutz und Landschaft grenzt jedoch nicht nur an das Vorhabengebiet, sondern liegt im südlichen Bereich auch direkt im Vorhabengebiet. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich auch über Teile dieses Vorranggebietes, genauer das SPA-Gebiet „Laubwaldgebiete östlich Leipzig“ (DE 4641 – 451). Eine Verwirklichung des Tagebauvorhabens hat die massive Störung dieses Vorranggebietes durch u. a. Lärm- und Staubimmissionen sowie durch die Veränderung der Grundwasserstände zur Folge. Besonders in Hinblick auf die Veränderung der hydrologischen Gegebenheiten ist damit zu rechnen, dass der Bestand und die ökologische Funktion dieses Waldgebietes erheblich beeinträchtigt werden. Das Vorranggebiet Naturschutz und Landschaft schließt daher eine angrenzende bergbauliche Nutzung aus, da die bergbauliche Nutzung nicht mit den Erhaltungszielen und der Funktion für den Naturhaushalt dieses Vorranggebietes vereinbar ist. Dabei ist anzumerken, dass auch wandernde Tierarten von Vögeln und Amphibien erheblich durch das Vorhaben beeinträchtigt werden. Hier wird entweder durch eine Zerschneidungswirkung des Vorhabens eine Wanderung unmöglich gemacht oder es werden durch die Beseitigung von Brut-, Rast- und Nahrungsplätzen erhebliche Beeinträchtigung entstehen.
Des Weiteren verstößt die Planung des Tagebaus gegen weitere Ziele des Regionalplans. So wird beispielsweise ein Teil des Todgrabens verfüllt. Es handelt sich hierbei um ein naturnahes Fließgewässer mit typischer Ufer- und Wasservegetation, dass durch die Verfüllung beseitigt wird und damit auch fast vollständig in seinem ökologischen Wert gemindert wird, was einen weiteren Gegensatz zur übergeordneten Planung darstellt.      
Wasser- und Gewässerschutz
Z 4.3.2.1
„Der Fließgewässercharakter von Bächen und Flüssen ist zu erhalten und zu verbessern. Dabei soll schrittweise die Durchgängigkeit der Wasserläufe für Fließgewässerorganismen hergestellt werden. Den Fließgewässercharakter beeinträchtigende neue Stau- und Gefällestufen sollen vermieden werden.“
Z 4.3.2.3
„Der Bestand an standortgerechten Auwäldern und Ufergehölzen soll erhalten und ergänzt werden.“
Z 4.3.2.4
„Zur Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktion der Gewässer soll im Gewässerrandstreifen die Landnutzung standortgerecht erfolgen. Durch geeignete landschaftsökologische Maßnahmen sollen die Schad- und Nährstoffeinträge gemindert und die Eigendynamik des Gewässers ermöglicht werden.“
Z 4.3.2.5
„Der Zustand der Fließgewässer ist durch eine Reduzierung der kommunalen Abwasserbelastung, der landwirtschaftlichen Einträge und weiterer anthropogener Einflüsse schrittweise zu verbessern. Auf das Erreichen des guten ökologischen Zustands bzw. guten ökologischen Potenzials ist durch geeignete Maßnahmen hinzuwirken.“
G 4.3.3.1
„Die Wasserqualität stehender Gewässer ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Schutz- und Nutzungsanforderungen zu verbessern.“

Wie bereits erwähnt, werden die am Standort vorhandenen Gewässer in erheblichem Maße beeinträchtigt. Dies gilt nicht nur mit Blick auf den Todgraben, sondern auch auf das Restloch Brandis Nordfeld sowie die südlich gelegenen naturnahen, temporären Kleingewässer. Der Todgraben wird an einem Teilabschnitt völlig verfüllt, was in der Folge zum Verlust seines Fließgewässercharakters sowie seiner Ufer- und Wasservegetation führt. Auch die kalkarme Sickerungsquelle des Todgrabens wird mit der Verfüllung völlig beseitigt. Daneben wird das Restloch Brandis Nordfeld zu einem erheblichen Maße verfüllt. Damit verbunden ist nicht nur eine Veränderung der Gewässerbeschaffenheit sondern auch der Verlust einer naturnahen Ufervegetation (Schilfgürtel mit Rohrkolbenbestand). Die südlich gelegenen temporären Kleingewässer werden durch eine Veränderung der hydrologischen Gegebenheiten (Abflussmanagement) in der Weise beeinflusst, dass längere Austrocknungsperioden zu erwarten sind und diese Gewässer und deren Lebensraumfunktion für Tiere und Pflanzen dauerhaft verloren gehen.
Durch den Betrieb eines Tagebaus ist sowohl mit Schadstoffeinträgen in Oberflächen- als auch in unterirdische Gewässer zu rechnen. Eine Abtragung des Bodens bewirkt, dass filtrierende Bodenschichten verlorengehen und eine akute Gefährdung der Grundwasserbeschaffenheit durch erhöhte Schadstoffeinträge und anthropogene Einflüsse zu erwarten ist. Durch den geplanten Tagebau ist auch von der Veränderung der Grundwasserleiter auszugehen. Diese Veränderung variiert zwischen einer Absenkung als auch in einer Steigerung des Grundwasserstandes.
Dies führt zu negativen Auswirkungen auf den Baumbestand des angrenzenden Waldes.
Wir weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass jede vorergehend beschriebene Gewässerveränderung eine negative Veränderung der chemischen und mengenmäßigen Qualität der Gewässer darstellt und damit als ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sowie aus dem Wasserhaushaltsgesetz zu werten ist.  
Siedlungswesen, Regionale Grünzüge und Grünzäsuren
Z 5.1.9
 „In besiedelten Gebieten sollen Landschaftsbestandteile erhalten, gepflegt und entwickelt werden, die eine besondere Bedeutung für das Ortsbild, die Gliederung von Siedlungsflächen und die Wohnumfeldqualität aufweisen oder die Verbindung zur freien Landschaft herstellen.“
Z 5.1.10
„Die Regionalen Grünzüge sind von Bebauung im Sinne einer Besiedlung oder anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten.“

Das Vorhabengebiet ist Teil eines ausgewiesenen Regionalen Grünzugs. Dieser ist von einer Bebauung oder anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten. Der Betrieb eines Tagebaus stellt eine funktionswidrige Nutzung dar, da hier durch den Rohstoffabbau die ökologische Funktion des Regionalen Grünzugs und die naturnahe Erholungsmöglichkeit erheblich beeinträchtigt wird. Das Vorhabengelände stellt weiterhin eine Verbindung zur freien Landschaft aus dem Ort Brandis dar und sollte daher zu pflegen und zu entwickeln sein. Im Zeitraum zwischen ca. 2024 – 2095 ist es geplant, die Wegeverbindung zwischen der Ortschaft Brandis und dem anliegende Wald zu zerschneiden. Einher geht in diesem langen Zeitraum die Beeinträchtigung der landschaftsgebundenen Erholung, die auch eine Minderung der Wohnumfeldqualität bedeutet.

Rohstoffsicherung und –gewinnung
G 7.1
„Die Rohstoffgewinnung in Westsachsen soll in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten oberflächennahe Rohstoffe und in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Braunkohlenabbau erfolgen.“
Z 7.3
„Die Rohstoffgewinnung soll so erfolgen, dass
•    Eingriffe in Natur und Landschaft so gering wie möglich gehalten werden,
•    grundlegende Veränderungen des Landschaftscharakters, insbesondere landschaftsprägender Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen, unterbleiben,
•    möglichst keine Inanspruchnahme von Waldflächen erfolgt,
•    Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion von Tourismusgebieten und von Tourismusschwerpunkten vermieden werden,
•    in der Regel ein Abstand von 300 m zu Siedlungen vom Abbau freigehalten wird und
•    die mit Straßentransporten verbundene Belastung der Bevölkerung und des Straßennetzes durch Minimierung von Ortsdurchfahrten und Einsatz umweltschonender Transportmittel so gering wie möglich gehalten wird.“

Wir weisen darauf hin, dass nur ein Teilgebiet (nördlich des Waldweges) im Regionalplan Westsachsen (2008) als Vorbehaltsgebiet „Oberflächennahe Rohstoffe“ ausgewiesen ist. Dementsprechend liegt eine raumplanerische Ausweisung für den südlichen Teil des Vorhabengebietes für die Rohstoffgewinnung nicht vor und verstößt gegen die raumordnerische Ausweisung als Regionaler Grünzug und Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaft.

Die Antragstellung nennt auch den Landesentwicklungsplan (LEP) als Grundlage, jedoch die nicht mehr gültige Fassung von 2003. Seit 2013 gilt ein neuer LEP. Zwar ist auch dort ein Vorranggebiet Ton ausgewiesen, jedoch unter Rückstufung der Sicherungswürdigkeit von Klasse 4 auf die Klassen 2 und 1. Gegenwärtig wird der Regionalplan überarbeitet und an den neuen Landesentwicklungsplan angepasst.

Der Antragssteller plant zur Behebung des Volumendefizits durch die Austonung nach Aussage beim Scopingtermin neben Abraum auch bergbaufremden Abfall zur Verwertung bei der Befüllung bis zur Geländeoberkante einzusetzen. Des Weiteren soll Abraum unbestimmter Menge in den Tagebau Ostfeld eingesetzt werden, was das aufzufüllende Defizit weiter erhöht. Somit ist mit einer Verbringung (entsprechend dem Austonungsvolumen von 2 Mio. Kubikmetern zuzüglich des in das Ostfeld zu verbringenden Abraums) von mehr als 2 Mio. Kubikmetern Abfällen zur Verwertung zu rechnen. Es soll somit neben der bergbaulichen Anlage auch eine Deponie entstehen, die neben die gemäß § 48 Abs. 2 BbergG auch den Vorschriften des BBodSchG und der BBodSchVO unterliegt (vgl. Urteil des BVerwG vom 14. April 2005 Az. 7C 26.03). Daher hat der Vorhabenträger hier notwendigerweise den Nachweis in Form einer Sicherheitsleistung zu erbringen, dass er Kosten in Folge von Rekultivierungs- und Nachsorgemaßnahmen tragen kann. Die Sicherheitsleistung verfolgt den Zweck, die Allgemeinheit vor möglichen Kosten, die bei Stilllegung des Tagebaus sowie der nachfolgenden Deponie entstehen, gerade auch vor dem Hintergrund einer möglichen insolvenzbedingten Stilllegung zu schützen. Für das Letztgenannte gibt es nach den Erfahrungen mit der wirtschaftlichen Nutzung der Tonvorkommen in Brandis ein gesteigertes Bedürfnis zur Einlage einer Sicherheitsleistung. Weiterhin ist hier auch die Zuverlässigkeit des Vorhabenträgers zu überprüfen. Es ist vorgesehen, das verbleibende Restloch mit ortsfremden Abfällen zu verfüllen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller den Nachweis für die Geeignetheit der Stoffe zur Verfüllung zu erbringen hat. Weiterhin gehen wir davon aus, dass schon jetzt ein „Überangebot“ an Deponieraum in der Region gegeben ist und die weitere Bereitstellung von Deponieraum eher zur Verwertung von Abfällen dient, die nicht aus der Region stammen.

Das Ostfeld gehört zu einem Restloch worin sich auch die ehemalige Deponie Reinhild befindet. Dort wurden neben Hausmüll auch schadstoffhaltige Industrieabfälle parallel zur Austonung eingelagert. Für die Deponie existiert eine Sanierungsplanung, die aber nicht umgesetzt wurde. Beim Betrieb der Deponie kam es mehrfach zu Rechtsverstößen, die auch geahndet wurden. Hiervon betroffen war nach unseren Erkenntnissen auch der Antragsunterzeichner, weshalb hier die Frage der Zuverlässigkeit des Betreibers einer genaueren Betrachtung bedarf. Unter der Restlochfläche mit dem Deponiekörper befinden sich Braunkohleabbauschächte. Damit nicht aus dem Deponiekörper bei Wassersättigung Schadstoffe ausgewaschen und über die Braunkohleschächte in das Grundwasser gelangen, wurden neben einer Wasserhaltung auch eine Aufbereitung und Ableitung dieser Deponiesickerwasser über den Lehensgraben angeordnet. Diese Anforderungen wurden in der Vergangenheit nicht kontinuierlich erfüllt und die Maßnahmen finden nach unserem Kenntnisstand seit Jahren nicht mehr statt. Vor jeder weiteren Einbringung von Abraum wäre deshalb ein Abschlussbetriebsplan zu erarbeiten, der diesen Sachverhalten Rechnung trägt und eine Beeinträchtigung des angrenzenden Naturschutzgebiets Polenzwald ausschließt. Zuvor kann jedenfalls das Nordfeld nicht ohne weiteres überplant werden.

Unter dem geplanten Abbaufeld Nord befinden sich ebenso Braunkohlenschächte, wo unter Wasserhaltung unterirdisch Braunkohle gewonnen wurde. Das legt den Schluss nahe, dass hier ebenso eine Verbindung zum liegenden Grundwasserleiter besteht.

Die im Grundwasserabstrom des gesamten Gebietes der Abbaufelder liegende Wasserfassung des Wasserwerkes Brandis musste vor einigen Jahren wegen Sulfatbelastung geschlossen werden, entsprechende Zusammenhänge müssten untersucht werden.

Der geplante Tagebau zieht weiterhin grundlegende Veränderungen des Landschaftscharakters nach sich, insbesondere wird hier eine landschaftliche Hanglage zerstört. Eine Wiederherstellung dieses Reliefs wird durch die Vorhabenplanung nur angestrebt, ist jedoch nicht ausreichend gesichert.
Aus unserer Sicht ist auch der Abstand des Vorhabens zu Siedlungen viel zu geringfügig. Der Regelabstand von 300 m ist bei weitem unterschritten. So befinden sich Wohnbauflächen und Grünflächen (nach Flächennutzungsplan März 2010) in unmittelbarer Nähe zum Vorhaben. Wohnbaufläche 1 liegt in ca. 180 m, Wohnbaufläche 5 in ca. 90 m und die Freifläche 1 in ca. 70 m Entfernung zum Vorhaben.  
Des Weiteren wird die örtliche Bevölkerung auch durch den geplanten Abtransport des gewonnen Rohstoffs beeinträchtigt. Die Belastung der Bevölkerung und des Straßennetz wird hier nicht durch eine Minimierung von Ortsdurchfahrten gering gehalten, im Gegenteil werden die Abtransporte ausschließlich durch den Kern der Ortschaften Brandis und Polenz geleitet. Da auch die Verbringung von standortfremden Abfällen vorgesehen ist, muss diese auch in die Betrachtung der Verkehrsbelastung mit einbezogen werden. In einem Schreiben an die Stadträte von Brandis vom 16.1.2015 als Reaktion auf eine Presseveröffentlichung, erläuterte der Antragsteller nochmals das Vorhaben. Darin erklärt er, dass zur Vermarktung des Brandiser Tones Fremdton in erheblichen Umfang beigemischt werden müsste. Dies steht in einem Widerspruch zu den in den Antragsunterlagen gemachten Angaben, der gewonnene Brandiser Ton bedarf keiner Weiterverarbeitung bzw. Aufbereitung zur Verwendung bedarf.
Erhebliche Beeinträchtigung von Tieren und Pflanzen
Neben diesen klaren Widersprüchen zu den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung, lehnen wir das geplante Vorhaben auch aus naturschutzfachlichen Gründen ab. Im Vorhabengebiet, sowie in der näheren Umgebung ist eine Vielzahl von naturschutzrechtlichen Schutzgebieten ausgewiesen (SPA- 153 Laubwaldgebiete östlich Leipzig DE 4641 – 451, NSG Polenzwald L 12, FFH Laubwaldgebiete zwischen Brandis und Grimma 4641 – 302. Der geplante Tagebau bedeutet den Verlust von rund 3100 m² geschützter Biotope innerhalb des Abbaufeldes, sowie die Beseitigung hochwertige Biotoptypen mit Vegetationsbestand auf mehr als 6 ha. Daneben sind auch die umliegenden Biotope in ihrem Bestand zumindest gefährdet, da durch den Vorhabenträger nicht der Nachweis erbracht werden konnte, dass eine Beeinträchtigung in Folge der geänderten Grundwasserstände auszuschließen ist. Die Folge ist der großflächige Verlust eines Lebensraums (Fortpflanzungs- und Ruhestätten, Nahrungshabitaten) in dem bisher besonders streng geschützte Arten anzutreffen sind. So wurden im Untersuchungsgebiet 82 Vogelarten registriert, von denen 12 Arten nach dem BNatSchG streng geschützt sind (Flußregenpfeifer, Grünspecht, Kiebitz, Mäusebussard, Schleiereule, Schwarzmilan, Sperber, Turmfalke, Turteltaube, Waldkauz, Weißstorch, Wendehals). Daneben handelt es sich bei dem Untersuchungsgebiet um einen wertvollen Amphibienlebensraum, in dem 9 Arten nachgewiesen wurden, von denen 5 nach BNatSchG streng geschützt sind (Knoblauchkröte, Laubfrosch, Moorfrosch, Springfrosch, Wechselkröte). Auch die nachgewiesen 9 Fledermausarten sind allesamt streng geschützt nach BNatSchG (Breitflügelfledermaus, Fransenfledermaus, Großer Abendsegler, Großes Mausohr, Langohr spec., Mopsfledermaus, Rauhhautfledermaus, Wasserfledermaus, Zwergfledermaus). In Bezug auf das Vorkommen von Tagfaltern wurden 31 Arten festgestellt, von denen 9 streng geschützt sind (Kleines Fünffleck-Widderchen, Gemeines Bluttröpfchen, Goldene Acht, Kleiner Feuerfalter, Gemeiner Bläuling, Kaisermantel, Feuriger Perlmutterfalter, Trauermantel, Kleiner Heufalter). Weiterhin konnte im Untersuchungsgebiet das Vorhandensein des Rosenkäfers und des Eremit nachgewiesen bzw. nicht ausgeschlossen werden.
Durch die vorhabenbedingten Störungen halten wir die artenschutzrechtlichen Verbote aus § 44 Abs. 1 BNatSchG für erfüllt. Es wird wild lebenden Tieren der europäisch geschützten Arten nachgestellt bzw. werden diese gefangen. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 S. 1 BNatSchG ist damit anzunehmen. Dies gilt in Hinblick auf Amphibien und xylobionten Käfer. Auch ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 S. 2 BNatSchG ist anzunehmen. Es kann durch die Planung nicht hinreichend belegt werden, dass durch das Vorhaben Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten von europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten nicht erheblich gestört werden.  Weiterhin werden durch das Vorhaben Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der europäisch geschützten Tierarten beschädigt oder zerstört, dies stellt einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 S. 3 BNatSchG dar. Wir nehmen an, dass gerade in Hinblick auf die im untersuchten Gebiet vorhanden Fledermausarten mit erheblichen Beeinträchtigungen ihrer Lokalpopulation zu rechnen ist. Dies gilt auch für die oben genannten Vogel-, Tagfalter- und Amphibienarten, da hier ein enormer Teil ihres Lebensraums durch das geplante Vorhaben verloren geht. Die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen halten wir für unzureichend. Die in der Planung aufgeworfene allgemeine Behauptung, die betroffenen Tierarten finden in der Umgebung genügend Ausweichhabitate, ist nur bedingt zutreffend. Diese beschriebenen Wirkungen stehen einer nachfolgenden Genehmigung (Planfeststellung) entgegen.    

 Zusammenfassung
Der BUND Sachsen e. V. lehnt das geplante Vorhaben Tagebau Brandis Nordfeld ab. Das öffentliche Interesse in Form eines wirksamen Umweltschutzes muss hier den privaten, wirtschaftlichen Interessen überwiegen. Das geplante Vorhaben ist nicht mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung vereinbar und hat nur geringe Erfolgsaussichten auf der nachfolgenden Genehmigungsebene. Parallel zum Raumordnungsverfahren läuft die Fortschreibung des Regionalplanes mit – was das Vorhaben betrifft – gleichen inhaltlichen Zielstellungen.
Mit freundlichen Grüßen


Franziska Heß, BUND-Landesvorstand

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