BUND Landesverband Sachsen

Bundesverkehrswegeplan ist verfassungswidrig

07. Oktober 2021 | Klimawandel, Mobilität

BUND-Rechtsgutachten: Bundesverkehrswegeplan ist verfassungswidrig – Ausbau der A4 muss sofort gestoppt und neu bewertet werden

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Anlässlich der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene veröffentlicht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein von ihm in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zum Bundesverkehrswegeplan. Dieses Gutachten zeigt, dass sowohl der Fernstraßenbedarfsplan (Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz vom 23.12.2016) als auch der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 die EU-rechtlichen Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht erfüllen. Darüber hinaus beachten die Pläne die Belange des Klimaschutzes nicht entsprechend des Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23.04.2021 und sind deshalb unions- und verfassungsrechtswidrig. Auch Straßenneubauprojekte in Sachsen sind hiervon betroffen.

Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, der mit der Autorin des Gutachtens RAin Dr. Franziska Heß die erfolgreiche Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten hat, erklärt: „Das Gutachten zeigt: Die Fernstraßenplanungen führen nicht nur zu mehr Treibhausgasemissionen, sie sind auch mit dem Grundgesetz und dem Klimaschutzgesetz nicht vereinbar. Gerade in den ländlichen Regionen braucht es mehr öffentlichen Verkehr mit Bus und Bahn. Kürzlich wurde endlich der Ausbau des Schienennetzes zwischen Dresden und Görlitz beschlossen – und trotzdem wird an dem Traum festgehalten, die A4 vierspurig auszubauen.“

Verkehr ist weiterhin für mehr als ein Fünftel unserer Treibhausgasemissionen verantwortlich, die anvisierten Klimaschutzziele lassen sich also mit immer neuen Straßen nicht einhalten. Zudem leidet die Artenvielfalt unter den Baumaßnahmen und dem erhöhten Verkehrsaufkommen, die versiegelten Flächen stören weiter den Wasserhaushalt.

Ekardt ergänzt: „Statt den Verkehr in Sachsen auf die Öffentlichen umzulenken und dafür Anreize zu schaffen, fördert der Freistaat durch den Ausbau der Fernstraßen ihre Nutzung nur noch mehr. Stattdessen sollte Sachsen auf Bundes- und EU-Ebene auf eine übergreifende Politik drängen, die null fossile Brennstoffe in allen Sektoren bis Anfang der 2030er Jahre vorsieht. Wir erwarten deshalb von der Sächsischen Staatsregierung, dass sie sich dafür einsetzt, dass Projekte wie der A4-Ausbau schnell gestoppt und unter Berücksichtigung aller Klima- und Naturschutzaspekte neu bewertet werden.“

2022 steht die Überprüfung des Fernstraßenbedarfsplans an. Diese Überprüfung muss Anlass sein, die Fehlplanung der letzten Jahrzehnte einer Generalüberholung zu unterziehen. Ziel einer Überarbeitung und Neubewertung aller Verkehrsinfrastrukturprojekte muss sein, die Emissionsbudgets des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Bis 2030 müssen dafür die Treibhausgasemissionen im Verkehr, wie im Klimaschutzgesetz vorgegeben und vom Bundesverfassungsgericht unterstrichen, nahezu halbiert werden. Nur mit einer deutlichen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und einer Stärkung des öffentlichen Verkehrs und Radverkehrs lässt sich dieses Ziel erreichen.

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Informationen
Das vom BUND in Auftrag gegebene Gutachten zeigt auf, dass der Bundesverkehrswegeplan erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Er ist mit dem Ziel der Klimaneutralität respektive mit den Grundrechten und Artikel 20a des Grundgesetzes unvereinbar. Dieser besagt, dass der Staat auch für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen sowie der Tiere verantwortlich ist. Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau vor. Der BVWP 2030 hat die Ziele des Pariser Klimaabkommens aber gar nicht berücksichtigt, sondern orientierte sich an anderen Maßgaben. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Einhaltung der Minderungsziele für den Verkehrssektor bei Realisierung der im Bundesverkehrswegeplan vorgesehenen Straßenprojekte gelingen kann. Es ist deshalb fraglich, ob dieser Plan noch bindend für die einzelnen Fernstraßenprojekte einen Bedarf vorgeben kann.

Das Rechtsgutachten im Auftrag des BUND finden Sie unter: www.bund.net/bvwp-rechtsgutachten

Eine Zusammenfassung des Gutachtens finden Sie unter: www.bund.net/bvwp-zusammenfassung

Die neue Bundesregierung muss die Mobilitätswende endlich voranbringen. Deshalb ruft der BUND mit vielen anderen für den 8. - 10. Oktober zu einem dezentralen Aktionswochenende auf. Bundesweit bringen Menschen ihre Forderungen auf die Straße.

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Pressekontakte

Annelie Treu | Pressereferentin BUND Sachsen | presse[at]bund-sachsen.de | 0351 - 847 544 62

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