BUND Landesverband Sachsen

Klima-Talk VII - Ist die sächsische Landwirtschaft noch zu retten?

29. September 2022 | BUND, Landwirtschaft, Klimawandel

Die Sächsische Landwirtschaft steht derzeit vor vielen Herausforderungen, neben der Wirtschaftskrise und hohen Energiekosten kommen viele Probleme hinzu, die sich bereits seit Längerem angebahnt haben.

Wie ist der Spagat zwischen Ernährungssicherheit und dem dringend notwendigen Umwelt- und Naturschutz zu schaffen?
Wie soll mit kommenden Dürrejahren umgegangen werden? Und was muss in der Landwirtschaft passieren, um zur Eindämmung der Klimakrise beizutragen?

Das alles fragten wir im Rahmen unseres 7. Klima-Talks am 29. September 2022 den sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsminister Wolfram Günther.
Wir schickten unseren Vorsitzenden ins Rennen: Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt.
Die Moderation übernahm Dominic Memmel, Scientists for Future Leipzig.

Aufgrund des rasanten menschengemachten Klimawandels stehen massive Dürreperioden nicht nur mehr bevor, sie sind bereits hier. Die Überdüngung der Böden hat dazu geführt, dass die Funktionalität dieser immer weiter sinkt und anliegende Gewässer verunreinigt.

Und dazu werden ungefähr 40% der produzierten Lebensmittel weggeschmissen.

Felix Ekardt führte Vorschläge an, um einigen der genannten Probleme entgegenzuwirken: Neben der Reduktion des enormen Pestizideinsatzes und der Stickstoffdüngung gäbe es in der Landwirtschaft derzeit einfach zu viele Tiere, so dass alleine 3/5 der genutzten Fläche nur für Futtermittel verwendet werden. Tierhaltung und tierische Güter seien außerdem der größte Emissionstreiber in der Landwirtschaft. Wenn wir innerhalb der nächsten 10 Jahre klimaneutral werden wollen, müsse dafür zwangsläufig die Tierhaltung massiv reduziert werden.

Es herrschte jedoch Einigkeit im Gespräch, dass ein vollkommenes Ende der Tierhaltung keine Lösung sei und neue Probleme hervorrufen könne.

Gerade bei der Ernährung – und vor allem bei der Frage wie stark, oder ob überhaupt, eine Regierung in die Ernährung der Bürger:innen eingreifen darf – stellen sich unterschiedliche Positionen heraus. Der Staatsminister Wolfram Günther sagte, dass „eine Regierung der Bevölkerung nicht sagen kann wie sie sich zu verhalten hat“. Den Gedanken, dass die Staatsregierung oder der Landtag Vorschriften zur Ernährung machen kann, wie zum Beispiel den Konsum von tierischen Produkten zu reduzieren, lehnte er ab. Menschen können sich zwischen „guten“ und „schlechten“ Produkten (in Bezug auf die Klimaschädlichkeit) an der Ladentheke entscheiden.

Felix Ekardt hingegen meinte, dass ein Staat die Ernährung der Bürger:innen genauso regulieren könne – und auch müsse – wie den Autoverkehr oder die vielen anderen Aspekte des alltäglichen Lebens, die unter staatlicher Regulation stehen. Es sei die Aufgabe staatlichen Handels, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Freiheit und das Leben zukünftiger Generationen sicherzustellen (ein Gedanke, der so auch vom Bundesverfassungsgericht geteilt wird).

Jede Maßnahme, die wir jetzt zur Abschwächung des Klimawandels einführen, verhindere, dass wir in Zukunft noch schärfere und schwerwiegendere Maßnahmen benötigen.

Das schließe auch ein, Dinge zu verteuern, die sonst als unantastbar galten – wie Fleisch oder andere tierische Produkte. Die aktuell so niedrigen Preise erklären sich hauptsächlich durch mit Steuern finanzierte Subventionen, welche damit direkt klimaschädliches Verhalten fördern.

Unabhängig vom Fleisch können Preiserhöhungen auch einen anderen positiven Effekt haben. Durch Preissteigerungen (vor allem auch beim Transport) würde sich regionaler Anbau (wieder) mehr lohnen. Dabei müsse man beachten, dass ein Zusammenspiel aus regionalem und saisonalem Anbau den Schlüssel zum Erfolg bilde. Als Beispiel wurde genannt, dass ein sächsischer Apfel, der monatelang gekühlt gelagert werde, eine schlechtere Ökobilanz als ein Apfel aus Neuseeland aufweise.

Auch biologischer Anbau gebe, vor allem in Sachsen, keine einfachen Antworten.

Derzeit bauen ungefähr 14% der Betriebe in Sachsen, mit weniger als 10% der Fläche, biologische Produkte an.

Laut Staatsminister Günther sei derzeit einfach nicht die Nachfrage gegeben, um den biologischen Anbau attraktiver zu machen.
Trotzdem versuche das neugegründete Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau des Ministeriums, mit Beratungen und Fördermitteln den Weg zu ebnen und mehr Betrieben zu ermöglichen, auf biologischen Landbau zu wechseln.

Am Ende sind sich sowohl der BUND Vorsitzende als auch der Staatsminister einig, dass es für eine zukunftsfähige Landwirtschaft in Sachsen dringend Veränderungen braucht.
Allerdings gebe es da keine einfachen Antworten. Es müsse eine empfindliche Balance aus Veränderungen der Ernährungsweise, Reduzierung der Tierhaltung, Ausbau von Bio-Landwirtschaft und einer Mischung aus saisonaler und regionaler Landwirtschaft gefunden werden. Viele Probleme der vergangenen Jahre und Jahrzehnte holen die sächsische Landwirtschaft jetzt auf – die es zu bewältigen gelte.

Wir danken dem Staatsminister Günther und Felix Ekardt für dieses anregende Gespräch!

Wenn ihr den Klima-Talk in voller Länge nachsehen wollt, klickt hier.

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