BUND Landesverband Sachsen

Turów: Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht

25. Oktober 2022 | Kohle, Braunkohle

Europäische Kommission soll EU-Recht im polnischen Kohletagebau Turów an Sachsens Grenze durchsetzen

Tagebau Turów ©Ibra Ibrahimovic

Brüssel. Der BUND Sachsen hat heute zusammen mit anderen internationalen Partnerorganisationen eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht. Das Bündnis fordert diese auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das tschechisch-polnische Abkommen über das Kohlebergwerk Turów in Polen einzuleiten, da dieses gegen EU-Recht verstößt. Das Kohlebergwerk beeinträchtigt die Wasserversorgung in der Umgebung und führt zu Beschädigungen an Häusern. 

Den Umweltverbänden zufolge ignoriere die tschechische Regierung die Umweltkatastrophe und die Auswirkungen auf die Bürger und Bürgerinnen, die das polnische Bergwerk im Dreiländereck verursacht. Der tschechische Staat erklärte sich stattdessen bereit, seine Klage gegen Polen vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gegen eine einmalige Zahlung fallen zu lassen [1]. Die NGO-Vertreter kritisieren auch die Zusage Tschechiens, keine weitere Klage gegen Polen aufgrund des Tagebaus einzureichen.

Das von PGE betriebene Bergwerk liegt im Dreiländereck zwischen tschechischen, deutschen und polnischen Gemeinden und hat bereits dazu geführt, dass der Grundwasserspiegel in der Region bis 2044 mehr als doppelt so stark sinkt, als in der mangelhaften Umweltverträglichkeitsprüfung angegeben [2].

Zur Causa Turów äußert sich der Vorstandsvorsitzende des BUND Sachsen Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt: „Mit jedem Tag, an dem Turów weiter betrieben wird, verschlechtert sich die Situation für die Menschen in den Nachbargemeinden. In Städten wie Zittau werden die Häuser der Menschen destabilisiert und das Bergwerk verursacht Risse in den Wänden. Die Europäische Kommission sollte nicht tatenlos zusehen, wie sich die Situation weiter verschlechtert.“    

„Die tschechische Regierung hat sich sehr schnell und ohne Transparenz auf ein Abkommen mit Polen eingelassen, bei dem die Rechte der Bürger und die tschechische Umwelt gegen Geld eingetauscht wurden. Dabei hat sie auch PGE geholfen, mit anhaltenden Verstößen gegen das EU-Recht in Turów davonzukommen. PGE und die polnische Regierung haben immer noch nicht verstanden, dass sie das EU-Recht in Turów einhalten müssen“, so Nikol Krejčová, Aktivist bei Greenpeace Tschechien.

„Die tschechische Regierung hat einer illegalen Situation auf ihrem eigenen Territorium zugestimmt und ihre Fähigkeit verwirkt, etwas dagegen zu unternehmen. Sie hat sich selbst die Hände gebunden. Jetzt kann nur noch die Europäische Kommission dafür sorgen, dass die Menschen vor Ort zu ihrem Recht kommen“, fügte Petra Kalenská, Juristin bei Frank Bold Society, hinzu.

Für den Freistaat Sachsen bedeutet der Betrieb von Turów v. a. Schäden an Infrastruktur und Gebäuden der Grenzstadt Zittau. Bedroht durch Luftschadstoffe aus dem Kohletagebau ist der Naturpark Zittauer Gebirge – ein beliebtes Reiseziel von Tourist:innen und der einheimischen Bevölkerung.

Weitere Informationen:

[1] Einzelheiten zur Einigung über die Beendigung des tschechischen Verfahrens vor dem EuGH:

beyond-coal.eu/2022/02/03/czechia-poland-turow-coal-mine-deal-leaves-czech-locals-thirsty-for-justice/

[2] Mehr zu Turóws fehlerhafter UVP:

beyond-coal.eu/2022/10/10/flawed-turow-coal-mine-assessment-gets-green-light/

[3] Turów liefert Kohle an das nahe gelegene PGE-eigene Braunkohlekraftwerk Turów. Es stieß im Jahr 2020 über 5,8 Millionen Tonnen CO2 aus. Die polnische Regierung will beide Kraftwerke bis 2044 betreiben, was mit den polnischen Klimazielen unvereinbar ist:

climate.ec.europa.eu/eu-action/eu-emissions-trading-system-eu-ets/union-registry_en

[4] Nach Ansicht der Anwälte von Frank Bold verstößt das tschechisch-polnische Abkommen gegen drei europäische Gesetze:

  1. Die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ("UVP-Richtlinie")
  2. die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden ("EVA-RL") und
  3. die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates.

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Pressekontakt
Yelena Zimdahl | BUND Sachsen | yelena.zimdahl(at)bund-sachsen.de | 0351 84 75 44 62

Michal Zablocki | Europe Beyond Coal | michal(at)beyond-coal.eu | +48 500 126 685

Nikol Krejčová | Greenpeace Tschechien | nikol.krejcova(at)greenpeace.org | +420 778 002 468

Milan Starec | Sousedský spolek Uhelná | milanstarec(at)seznam.cz | +420 602 462 432

Petra Kalenská | Frank Bold Society | petra.kalenska(at)frankbold.org | +420 771 230 315

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