Eine Pkw-Flotte ©Adobe Stock/Tomasz Warszewski
Dresden. Der BUND Sachsen kritisiert die gestrige Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten scharf, die CO₂-Flottengrenzwerte für Neuwagen drastisch abzuschwächen. Ein zentrales Klimaschutzinstrument wird damit geopfert – langfristig ist dies auch für die Wirtschaft schlecht, die die postfossile Transformation damit weiter verschläft.
Professor Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen: "Diese Entscheidung ist ein verheerendes Signal für Klimaschutz und Transformation. Statt klare Leitplanken zu setzen, knickt die Politik erneut vor kurzfristigen Interessen ein. Die Hersteller verlieren den nötigen Innovationsdruck – das gefährdet nicht nur unsere Klimaziele, sondern langfristig auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie."
Die EU-Staaten – mit deutscher Zustimmung – beschlossen am 7. Mai, das ursprüngliche Ziel einer 55-Prozent-Reduktion der CO₂-Emissionen bei Neuwagen bis 2030 auf lediglich 15 Prozent bis 2025 abzusenken. Der BUND verurteilt diesen klimapolitischen Rückschritt als verantwortungslos.
Besonders enttäuschend: Die ausdrückliche Befürwortung durch Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD), der die Entscheidung mit "wirtschaftlicher Vernunft" und vermeintlicher "Technologieoffenheit" rechtfertigte.
Ekardt dazu: "Der Begriff Technologieoffenheit wird hier missbraucht, um überfällige Weichenstellungen zu verhindern. Das Ergebnis ist maximale Planungsunsicherheit – für Unternehmen wie für Verbraucher. Wer weiter auf Verbrenner-Technologie setzt, zementiert unsere Abhängigkeit von teuren fossilen Kraftstoffen, finanziert so indirekt weiter fossil basierte Regime und Kriege wie die von Russland und verbaut zukunftsfähige Alternativen."
Die Rücknahme der Klimaziele im Verkehrssektor steht in eklatantem Widerspruch zu den rechtlichen Verpflichtungen, die der BUND erst 2023 vor Gericht erstritten hat. Mit dem wegweisenden Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, wurde die Bundesregierung zu deutlich mehr Anstrengungen im Klimaschutz verpflichtet – besonders im bislang stark untererfüllten Verkehrssektor.
"Mit ihrer Zustimmung zur Aufweichung der EU-Flottengrenzwerte konterkariert die Bundesregierung ihre eigenen rechtlichen Verpflichtungen zum Klimaschutz", ergänzt Ekardt. "Es ist nicht hinnehmbar, dass selbst gerichtlich bestätigte Klimaschutzziele bei politischem Gegenwind so einfach über Bord geworfen werden."
Der BUND Sachsen fordert die Landesregierung auf, sich künftig entschieden für ambitionierte, verlässliche Klimaschutzstandards im Verkehrssektor einzusetzen. Nur so lassen sich ökologische Verantwortung und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit in Einklang bringen.
Hintergrund:
CO₂-Flottengrenzwerte für Neuwagen legen fest, wie viel klimaschädliches CO₂ die neu zugelassenen Autos eines Herstellers im Durchschnitt ausstoßen dürfen. Eine „Flotte“ meint dabei alle Pkw, die ein Hersteller wie VW, BMW oder Renault innerhalb eines Jahres neu auf den Markt bringt. Je niedriger der erlaubte Grenzwert, desto klimafreundlicher muss die gesamte Neuwagen-Flotte sein. Ziel dieser Regelung ist es, die Autohersteller zu sparsameren oder emissionsfreien Fahrzeugen – wie Elektroautos – zu bewegen und so den Klimaschutz im Verkehrsbereich voranzubringen. Dabei zählt der Durchschnitt: Ein emissionsfreies E-Auto kann ein verbrauchsstarkes Modell rechnerisch ausgleichen.
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