Kommentar: Gesetze für die Natur – oder gegen sie? Eine Bilanz

22. Mai 2025 | Energiewende, Massentierhaltung, Ressourcen & Technik, Landwirtschaft, Klimawandel

Der Vorsitzende des BUND Sachsen Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt verfasst einmal monatlich einen politischen Kommentar. Hier ist die Mai-Ausgabe:

Felix Ekardt Felix Ekardt ©kernjulian.com

Die meisten natur- und biodiversitätsschädigenden Handlungen sind in der EU, Deutschland und Sachsen schlicht legal. Beispielsweise unbegrenzte Nutztierhaltung oder ein nur wenig begrenzter Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Gerade im Agrarbereich wird vieles davon noch direkt oder indirekt subventioniert. Wenn das Recht bisher die Naturzerstörung noch fördert und erlaubt, so kann dies nur punktuell ausgeglichen werden, indem beispielsweise das Naturschutzrecht einzelne Gebiete oder Arten unter besonderen Schutz stellt (zumal es auch dort erhebliche Vollzugsdefizite gibt).

Zu begrüßen ist zwar, dass im Sommer 2024 die EU-Wiederherstellungs-Verordnung verabschiedet wurde. Sie soll Schäden an der Natur in den EU-Staaten bis 2050 teilweise beheben. Die Verordnung legt dabei verbindliche Ziele für die Wiederherstellung der Natur in verschiedenen Ökosystemen fest und verlangt von den Mitgliedstaaten entsprechende Konzepte. Aus verschiedenen Gründen ist das zwar ein Schritt nach vorn, der aber dennoch nicht reicht – weder in Sachsen noch anderswo:

  • Die Staaten erhalten mit der Verordnung weiteren zeitlichen Aufschub, in vielem bis 2050. So lange kann man angesichts der bereits heute überschrittenen planetaren Grenzen nicht warten.
  • Die Verordnung präsentiert primär Ziele. Ob angemessene Maßnahmen folgen, bleibt offen. Es kommt daher stark auf den guten Willen der Mitgliedstaaten an. An diesem bestehen angesichts des fortlaufenden Biodiversitätsverlusts jedoch große Zweifel.
  • Zudem sind auch die Zielvorgaben durch viele Ausnahmen durchlöchert. Und die Ziele sind für den geschuldeten Erhalt – also Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität – unzureichend.
  • In Deutschland und Sachsen ist, obwohl die Verordnung nur einen Rahmen plant, bisher kein umfassendes Umsetzungsgesetz geplant, sondern nur ein vager Wiederherstellungsplan. Ein umfassendes, gesetzlich verbindliches Schutzkonzept wird daher Stand heute weiterhin beim Naturschutz fehlen.
  • Die Verordnung lässt die Treiber der Naturzerstörung teilweise unberührt, etwa den Pestizideinsatz.
  • Auch gibt die Verordnung keinen Prozentsatz vor, den Schutzgebiete an der Gesamtfläche eines Mitgliedstaates wie Deutschland oder eines Bundeslandes wie Sachsen haben müssen.
  • Die Verwaltung, auch in Sachsen, scheint bisher zu glauben, dass es genügt, ohnehin ergriffene (unzureichende) Maßnahmen zu Wiederherstellungsmaßnahmen umzudeklarieren, aber keinesfalls etwa neue Beschränkungen z.B. für die Tierhaltung einzuführen.
  • Speziell die CDU setzt sich sogar dafür ein, die – wie gesehen – zu schwache Verordnung durch eine Gesetzesänderung noch weiter abzuschwächen.

Die aus Sicht des BUND menschenrechtliche Verpflichtung, dass die Gesetzgebung ein umfassendes Schutzkonzept für den Erhalt der Biodiversität haben muss, bleibt daher uneingelöst. Deshalb haben wir im Oktober 2024 weltweit erstmals eine Verfassungsklage vor einem obersten Gericht – dem Bundesverfassungsgericht erhoben auf die Feststellung, dass die bisherige lückenhafte Naturschutzgesetzgebung unzureichend ist und nachgebessert werden muss. Wie das Gericht entscheidet – und wann – bleibt abzuwarten. Da das Verfahren noch viel Geld kosten könnte, werden wir zu gegebener Zeit zu weiteren Spenden aufrufen.

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A.
Vorsitzender des BUND Sachsen
ferner: an der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik www.sustainability-justice-climate.eu
Juristische Fakultät, Interdisziplinäre Fakultät und Wissenschaftscampus Phosphorforschung, Universität Rostock

Sämtliche Publikationen, Medienbeiträge, Projekte und Vorträge von Felix Ekardt gibt es auch auf www.researchgate.net/profile/Felix_Ekardt

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